Hamburg

Das Museum kommt ins Netz

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Matthias Gretzschel
Ein Blick auf die Homepage von museumsfernsehen.de, die Kunstinteressierte einlädt, sich schon vor dem Besuch ein Bild von den Bildern zu machen

Ein Blick auf die Homepage von museumsfernsehen.de, die Kunstinteressierte einlädt, sich schon vor dem Besuch ein Bild von den Bildern zu machen

Foto: museumsfernsehen

Hamburg.  Behutsam werden Vitrinen eingeräumt und kostbare wissenschaftliche Geräte aus der Renaissance ins richtige Licht gerückt. Dazu erklärt Dirk Syndram, der Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, was es mit der Dresdner Kunstkammer auf sich hat, die in der neuen Dauerausstellung „Weltsicht und Wissen um 1600“ im Residenzschloss der sächsischen Landeshauptstadt präsentiert wird.

Das gut gemachte 3-Minuten-Video der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden findet man auf deren Homepage und auf YouTube, aber auch unter museumsfernsehen.de. Dort ist es eines von mehr als 700 Videos zum Angebot von Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dabei handelt es sich um kurze Reportagen, Interviews oder Kuratorengespräche, aber auch um Werbeclips für aktuelle Ausstellungen.

Museen reagierten positiv auf Idee des Museumsfernsehens

Manchmal präsentiert sich ein Museum mit Geschichte und Sammlung komplett, mitunter wird ein „Objekt des Monats“ vorgestellt, oft auch die Dauerausstellung. Mitunter bieten die Filme Hintergrundinfos und dokumentarisches Material, das in der jeweiligen Ausstellung selbst nicht zu finden ist.

Mitte 2015 sind die Hamburger Ilona Aziz und Thomas Wagensonner mit museumsfernsehen.de ans Netz gegangen, um den vielen Videos von Ausstellungshäusern und Museen, die oft nur wenig Beachtung finden, eine neue Plattform zu geben. „Die Produktionen der einzelnen Häuser sind unterschiedlich, von sehr hochwertig, wie zum Beispiel die Videos der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden oder von Schirn und Städel in Frankfurt, bis zu eher handgemacht wirkenden Filmen“, sagt Wagensonner, der wie seine Kollegin seit Jahren beruflich im Video­bereich tätig ist.

Nach ersten eigenen Recherchen haben sie eine Webseite gebaut und anschließend bei zahlreichen Museen nach Material gefragt. „Wir hatten eher mit etwas Zurückhaltung gerechnet, aber das Feedback reichte von positiv bis überschwänglich“, erinnert sich Ilona Aziz. Für die Museen sei das ­Bewegtbild inzwischen ein wichtiges Thema, dem sie sich mit sehr unterschiedlichen Strategien widmen – und eben auch auf sehr unterschiedlichem Niveau.

Zielgruppen: Kulturinteressierte und Touristen

Zielgruppe für museumsfernsehen.de sind vor allem kulturinteressierte Nutzer. Aber auch Touristen, die vielleicht schon vorab wissen möchten, was sie in den Museen und Ausstellungshäusern der jeweiligen Städte ­erwartet. Die Orientierung auf der Webseite ist denkbar einfach, denn auf der linken Menüleiste findet man die Städte in Deutschland, Österreich und der Schweiz in jeweils alphabetischer Folge. Klickt man sie an, erscheinen im Hauptmenü die Videos der einzelnen Häuser.

Wer Hamburg anklickt, entdeckt unter anderem ein Video vom Bucerius Kunst Forum, das seine Picasso-Ausstellung vorstellt. Man findet auch einen Film des Archäologischen Museums zu „Ausgegraben. Harburg archäologisch“ und ein Video des Altonaer Museums zur Janssen-Ausstellung mit interessantem historischem Material.

Aber auch eine Eigenproduktion von Museumsfernsehen.de mit Statements von Menschen, die sich zur Wiedereröffnung der Kunsthalle äußern. Auch der vom Abendblatt produzierte „virtuelle Rundgang“ durch die erneuerte Kunsthalle gehört zum aktuellen Angebot.

Macher verstehen sich als Impuls- und Ideen­geber

„Die Hamburger Museen machen im Bereich Bewegtbild bisher vergleichsweise wenig“, sagt Thomas Wagensonner, der jedoch ein wachsendes Interesse wahrnimmt. „Das hat sich zum Beispiel bei einem Videoworkshop gezeigt, den wir im Museum der Arbeit angeboten haben“, sagt er.

Museumsfernsehen.de versteht sich nicht primär als Videoproduzent, sondern eher als Impuls- und Ideen­geber im Bewegtbildbereich. Aber besonders innovative Projekte realisieren Aziz und Wagensonner dann doch gern selbst, wie kürzlich eine 360-Grad-Produktion für das Alte Museum Berlin, in der die User interaktiv agieren können, was ein größeres Erlebnis als ein konventionelles Video bietet.

Etwa 10.000 Zugriffe im Monat verzeichnet Museumsfernsehen.de im Moment, was nach Meinung der Macher für den Anfang nicht schlecht ist, aber für einen wirtschaftlichen Betrieb bei Weitem noch nicht ausreicht. „Bisher läuft die Werbung nur über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram, aber perspektivisch müssen wir für größere Reichweiten sorgen und dafür, dass wir in den Suchmaschinen besser gefunden werden“, sagt Thomas Wagensonner.