Der libysche Journalist Salah Zater wurde bei seiner Arbeit bedroht. Jetzt ist er bei der Stiftung für politisch Verfolgte zu Gast in Hamburg.

Hamburg. Jetzt ist er erst einmal in Sicherheit, aber die Entscheidung, sein Land zu verlassen, ist ihm nicht leicht gefallen. Salah Zater ist ein Journalist aus Libyen. Seine investigativen TV-Reportagen haben in seiner Heimat für Aufsehen gesorgt, einigen ist er damit auf die Nerven gegangen. Mehrfach ist er bedroht worden. Nun ist er erst einmal Gast der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte und versucht, hier zur Ruhe zu kommen.

Zaters Berufserfahrungen sind drastisch. Mehrfach wurde er angegriffen, bekam Morddrohungen und entkam Entführungsversuchen. Zweimal hielten Menschen, die er mit seiner Berichterstattung kritisiert hatte, ihm ein Gewehr an die Schläfe. „Freunde und Familie fragen mich immer wieder: Bist du verrückt? Wie kannst du nur diese Arbeit machen?“, erzählt er. Erst vor wenigen Tagen ist der 28-Jährige in Hamburg angekommen. Er wirkt emotional erschöpft.

Als Salah Zater die Schule beendet hatte, ging er aus seiner Heimatstadt Ajdibya, wo er mit drei Schwestern und vier Brüdern aufgewachsen ist, in die Hauptstadt nach Tripolis und arbeitete in einer Hotelrezeption. Aber bald schon wurde ihm klar, dass für ihn nur zwei berufliche Wege infrage kommen würden: politischer Aktivist oder Journalist. Nach einem Praktikum bei einem Fernsehsender stand sein Entschluss fest.

Fragen der Menschenrechte liegen ihm am Herzen

Seit vier Jahren arbeitet er nun für die TV-Sender Al-Aseema und AlNabaa. Fragen der Menschenrechte liegen ihm besonders am Herzen. Er begann, sich investigativ um Themen zu kümmern, in denen die Arbeit schwierig und gefährlich werden kann: Mord, Vergewaltigungen, Kinderarbeit, Drogen- und Waffenhandel. Dabei hatte er es immer wieder mit Milizen und einer Regierung zu tun, die nach dem Sturz des ehemaligen Diktators Muammar al-Gaddafi nach ganz eigenen Vorstellungen von Gerechtigkeit lebten. Sicherheitskräfte des ehemaligen Parlamentsvorsitzenden griffen ihn an und schlugen ihn, den Kameramann und den Fahrer. Sein Team konnte die Szenen filmen, legte die Beweise bei der Justiz vor und erstattete Anzeige. Es passierte daraufhin aber nichts. „Der Fall ist wohl in Vergessenheit geraten“, sagt er. „Ich bin nicht gegen sie, aber ich will darüber berichten, was wirklich passiert. Ich will den Opfern eine Stimme geben und die dunkle Seite Libyens zeigen“, sagt er.

Fernsehsender in Libyen sind mehrfach angegriffen worden. Weil sie aber immer wieder ihren Betrieb aufnahmen, wurde ein Sender von Attentätern gesprengt. In Libyen wurden allein im vergangenen Jahr sieben Journalisten getötet. Reporter ohne Grenzen registrierten dort 127 Überfälle auf Medienvertreter. Aber Zaters Schwierigkeiten blieben nicht ohne Echo. Arabische Zeitungen berichteten darüber ebenso wie der TV-Sender Al-Jazeera.

Zater sucht seine Geschichten am liebsten auf der Straße, spürt seine Quellen bevorzugt selbst auf. Für ihn wurde diese Situation immer gefährlicher, denn er ist mittlerweile ein landesweit bekanntes TV-Gesicht. „Sie wussten, wo ich wohne“, sagt er besorgt. Man hatte versucht in seine Wohnung einzubrechen. Im Herbst floh er schließlich über die Grenze nach Tunesien, weil wiederholt Drohungen gegen ihn und seine Familie eingingen. Auch dort fühlte er sich aber nicht sicher. Ein ums andere Mal musste er seinen Aufenthaltsort wechseln. Zweieinhalb Monate blieb er in dem Land und versuchte vergeblich, Nordafrika irgendwie zu verlassen.

„Ich habe geweint und konnte nicht mehr schlafen“

Zater hat eigentlich keine Angst vor schwierigen Situationen, aber die ständige persönliche Gefahr begann an seiner Gesundheit zu zehren. „Ich habe geweint und konnte nicht mehr schlafen.“ Schließlich musste er sich in psychologische Behandlung begeben und bekam starke Schlafmittel. Jetzt will er sich erst einmal eingewöhnen. Aber auch internationale Anerkennung wird ihm in wenigen Tagen widerfahren. Am 4. Februar ist er in Brüssel, wo er für seine Arbeit den von der BBC vergebenen Media Neighbourhood Award verliehen bekommt.

„Hierher zu kommen, war für mich eine harte Entscheidung. Ich habe mein Land, meine Familie und meine Freunde verlassen. Ich vermisse mein altes Leben und meine Arbeit“, sagt er. Der Libyer möchte gern erfahren, wie deutsche TV-Journalisten arbeiten. Er will ein Buch über sein bisheriges Leben schreiben, um seinen Kollegen im Maghreb mit den eigenen Erfahrungen helfen zu können. Zater spricht Arabisch und Englisch, sein Deutsch, sagt er, könne man noch verbessern. „Ich kann nur Danke und Dankeschön.“ Und er hat ein noch ganz einfaches, aber sehr verständliches Ziel: „Ich möchte mal wieder auf die Straße gehen können, ohne mich ständig umdrehen zu müssen.“