Das Reeperbahn Festival gibt vom 17. bis zum 20. September den Takt auf dem Kiez an

Eigentlich ist es ein wundervolles Bild da oben: Madsen, eigentlich schon viel zu groß für das Molotow, dreht an jenem Dezemberabend 2013 richtig auf: „Da ist ein Rhythmus der uns packt, ich spür dein Herz, es schlägt im Takt. Lass diesen Beat an, lass die Musik an!“, singt Sebastian, auf dem T-Shirt seines Bruders Johannes gibt es nur noch eine kleine trockene Stelle, der ganze Keller tobt. Ein tolles Bild, ein trauriges Bild. Noch in der gleichen Nacht werden die Clubs am Spielbudenplatz und die anliegenden Esso-Hochhäuser geräumt. Einsturzgefahr. Der Auftritt von Madsen war das letzte Konzert im Molotow.

Molotow, Sommersalon, Kukuun, Planet Pauli und die ganze mittlerweile abgerissene Zeile am Spielbudenplatz waren seit vielen Jahren auch nicht nur ein Herz von St. Pauli, sondern auch des Reeperbahn Festivals. Hier trafen sich schon nachmittags die Netzwerker des internationalen Musik- und Mediengeschäfts, hier spielten schon die ersten Bands bei Showcases. Denn das Reeperbahn Festival ist ein Showcase Festival. Viele der mehr als 300 Künstler und Gruppen waren und sind noch zu entdecken, und so ist es auch dieses Jahr.

Zwar musste Einiges auf die andere Seite der Reeperbahn, zum Cowboy & Indianer bis zum Gosch-Fischimbiss im Café Keese verlagert werden, aber nach wie vor heißt es in Freiheit und Docks, Gruenspan und Indra, Imperial Theater, Mojo, Moondoo und diversen weiteren Clubs und Bars zwischen Nobistor und Feldstraße: Lasst die Musik an!

Vier Tage und Nächte rauschen sie an: Neue Bands und junge Helden aus Berlin und Hamburg, Köln und Stuttgart, Sydney und Melbourne, New York und St. Louis, London und Manchester, Toronto und Halifax. Ob Island oder Färöer Inseln, Den Haag oder Luxemburg, kein Weg ist zu weit für ein Konzert auf der Meile, die zumindest vom 17. bis zum 20. September nicht nur für von „Mexikaner“-Schnaps befeuerte Junggesellenabschiede, verbogene Kauleisten und langsam verglimmendes Rotlicht steht. Sondern für das, was die Reeperbahn und ihre Clubkultur von den 60er-Jahren an berühmt gemacht hat: Rock’n‘Roll.

Dabei ist es völlig gleichgültig, ob man sich im Programm oder auf der Festival-App große oder kleine Namen markiert. Vielleicht landet man bei der wohlbekannten Judith Holofernes im Docks, obwohl man doch eigentlich zu Sänger und Songschreiber Eaves in der St. Pauli Kirche am Pinnasberg wollte. Vielleicht findet man kein Plätzchen bei The Subways und weicht zu Rae Morris aus. Nichts ist wirklich vorhersehbar beim Reeperbahn Festival, und das macht die vier Tage zu den spannendsten im Hamburger Konzertkalender.

Und auch das Molotow ist wieder dabei. Rechtzeitig zum Festivalbeginn verlässt der Club sein Exil in der Holstenstraße und zieht in die ehemalige China Lounge am Nobistor. Und auch Madsen dreht wieder auf, ein paar Meter weiter zwar in der Großen Freiheit, aber mit dem richtigen Song: „Baut wieder auf was euch aufbaut.“