Regisseurin Ulrike Grote dreht ausgerechnet in der Hansestadt „Täterätää! Die Kirche bleibt im Dorf 2“, die Fortsetzung ihrer Mundart-Komödie. Die Dreharbeiten sind auch eine Art Familientreffen.

Hamburg. Schwaben ist überall. Die südwestdeutsche Provinz weitet ihre Diaspora ständig aus. Joachim Löw predigte äußerst erfolgreich „högschde“ Aufmerksamkeit, und die amerikanischen Fußballer müssen sich ihre Instruktionen im US-Dialekt des geborenen Göppingers Jürgen Klinsmann anhören. Finanzminister Wolfgang Schäuble sorgt dafür, dass die sprichwörtliche Sparsamkeit der Schwaben Eingang in die Bundespolitik findet. In Berlin wettert man schon länger über die aufkommende Dominanz der dort zugezogenen Schwaben. Jetzt erobern sie auch noch Hamburg. Gerade wurden hier Szenen für den Kinofilm „Täterätää! Die Kirche bleibt im Dorf 2“ gedreht. Ab Dezember läuft außerdem die zweite Staffel der gleichnamigen TV-Serie.

Gewusel vor dem Hotel Stadt Altona in der Louise-Schroeder-Straße. Wortfetzen wehen über die Szenerie. „Kannscht du bleibe? Hascht du noch a Szene?“ „Noi.“„Mir schwätzet nur noch so“, erklärt Regisseurin Ulrike Grote, die zum zweiten Mal angetreten ist, um die Zuschauer mit ihrer Mundart-Komödie an die Exotik der germanischen Volksstämme zu erinnern. Das Motto dieser Fortsetzung: „Des Läba isch koin Schlotzer“, also etwa: Das Leben ist kein Zuckerschlecken.

Wieder geht es um die verfeindeten Gemeinden Ober- und Unterrieslingen, in denen die Familien Häberle und Rossbauer einander beharken. Diesmal beginnt die Geschichte mit einem Fall von akuter Materialermüdung. Das Kirchendach stürzt ein. Pfarrer Schäuble (Ulrich Gebauer) muss zugeben, dass er die Spendengelder der Gemeinde vertrunken hat. Er verfällt in eine Depression. Da haben die drei Häberle-Schwestern Maria (Natalia Wörner), Klara (Julia Nachtmann) und Christine (Karoline Eichhorn) eine möglicherweise rettende Idee: In einer Zeitung ist ein Kapellenwettbewerb in Hamburg ausgeschrieben. Da müssen sie hin.

Die Dreharbeiten sind auch eine Art Familientreffen der Hamburger Exil-Schwaben unter den Filmschaffenden. Ulrike Grote, Karoline Eichhorn und Stephan Schad, der den Karl Rossbauer spielt, sprechen den Dialekt aus Baden-Württemberg, wo man sich brüstet, alles zu können, nur kein Hochdeutsch, mit genussvoller Selbstverständlichkeit. Für die TV-Serie hatten sie sich auch noch die Unterstützung ihres Landsmanns Rolf Schübel gesichert. Die geborene Stuttgarterin Wörner und die Filderstädterin Nachtmann unterstützen die Nordlichter mimisch und sprachlich. Mundart scheint wieder im Kommen zu sein. Zumindest bildet die konkrete Provinz mit fiktiven Orten wie Rieslingen über das Eifel-Örtchen Hängasch in „Mord mit Aussicht“ bis hin zum holsteinischen Büttenwarder ein Gegengewicht zu den gestylten Großstadtgeschichten.

Schauspieler müssen sich zu Beginn ihrer Karriere ihre Dialekte abtrainieren, um einwandfrei Hochdeutsch parlieren zu können. Hier ist das Gegenteil gefragt. „Der Dialekt ist auch ein Schatz“, sagt Natalia Wörner. „Man merkt, was für eine große Musikalität dahintersteckt. Wir setzen nicht auf den platten Humor, den man aus manchen Mundart-Komödien kennt. Ulrikes Dialoge suchen das Philosophische im Schwäbischen.“ Das Sprachcoaching übernimmt die Regisseurin und Drehbuchautorin selbst. Sie muss aufpassen, dass sich keine hochdeutschen „Sprachfehler“ in den Dialekt einschleichen. „Ich merke jetzt wieder, wie nah mir dieser Dialekt ist“, sagt Julia Nachtmann. „Ich bin damit aufgewachsen und finde, dass viele Sätze noch persönlicher klingen als im Hochdeutschen.“ Grote schwört auf den schwäbischen Sprachwitz. Redewendungen seien manchmal treffende Charakterstudien. Schwaben sind zwar sparsam, aber was zu viel ist, ist zu viel. Geizhälse müssen sich sagen lassen: „Der dreht der Pfennig dreimal um und läbt vom Rausgeld.“

Es wird in „Täterätää!“ wieder um starke Frauen gehen, die in absurden Familienkonstellationen leben. Neu dazu kommt eine lebenslustige ältere Frau, ein schwäbischer Althippie. Regisseurin Grote hofft, mit dem neuen Film das Nordsüdgefälle, das sie mit dem ersten Teil auslöste, etwas ausgleichen zu können. 500.000 Zuschauer sahen den Film – hauptsächlich im Süden Deutschlands. Diesmal ist die Handlung deutlich eingenordet. Bei der Arte-Ausstrahlung erzielte er auch in Frankreich gute Einschaltquoten. Spätestens seit dem Erfolg von „Willkommen bei den Sch’tis“ wissen unsere Nachbarn Mundart-Komödien zu schätzen.

Im Juni 2015 kommt der von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein unterstützte Film in die Kinos.