32,57 Millionen Zuschauer sahen das Halbfinale gegen Brasilien. Kritik am „heute-journal“ während des Spiels.

Hamburg. Der Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über Brasilien sorgte für eine Rekordeinschaltquote. 32,57 Millionen Zuschauer sahen das WM-Halbfinalspiel, das entspricht einem Marktanteil von fast 88 Prozent und ist der höchste Wert seit Beginn der Quotenmessung. So unumstritten wie dieser Sieg war das „heute-journal“ in der Halbzeitpause nicht. Zuschauer beschwerten sich über den von Claus Kleber und Gundula Gause angebotenen Nachrichtenmix. Für Kritik sorgte besonders die Abfolge der Beiträge. Nach einem Bericht über die Gewalt in Israel und im Gazastreifen mit vielen Toten und Verletzten schaltete das ZDF zurück zum Südamerikakorrespondenten vor dem Fußballstadion.

„Au weia: Der direkte Wechsel von Schalte Tel Aviv (Krieg) zur Schalte Belo Horizonte (Fußball) tat weh“, twitterte ein Zuschauer. „Einen unpassenderen Übergang hätte es wohl kaum geben können“, schrieb ein anderer. „Bei einem halbzeit-heute-journal erwarte ich nachrichten, und zwar alles außer fußball. und: der bruch war katastrophal“, beschwerte sich eine Zuschauerin. „Wäre ich Claus Kleber, würde ich die Regie jetzt feuern“, schlug ein weiterer vor. Der so Angesprochene bedankte und entschuldigte sich am Morgen nach dem Spiel: „Danke, Feedbacker. Denke, es war richtig, aber Kurve zu hart. Bekam während ISR-Schalte aufs Ohr, dass BRA-Schalte steht. Stress. Sorry.“

Voll des Lobes war dagegen ZDF-Chefredakteur Peter Frey: „Auch das ZDF-Team spielt eine tolle WM“, findet er. „Welke und Kahn überzeugen mit zunehmender Spielfreude, Witz und klaren Analysen. Katrin Müller-Hohenstein führt Interviews mit Mehrwert, und mit Béla Réthy und Oliver Schmidt haben wir zwei Top-Kommentatoren.“

Rekordergebnisse, wohin man schaut. Auch Twitter meldet einen absoluten Spitzenwert. 35,6 Millionen Tweets wurden im Umfeld des Spiels abgesetzt. #BRAGER war im Kurznachtrichtendienst das meistdiskutierte Sportereignis alle Zeiten.

Im Fernsehen garantieren die Spiele der deutschen Mannschaft in Brasilien bisher hohe Einschaltquoten. Das Match gegen Ghana sahen 24,54 Millionen Zuschauer, gegen Portugal waren 26,36 Millionen dabei, gegen die USA steigerte sich die Zahl auf 27,25 Millionen und vor dem Brasilien-Spiel erzielte das Viertelfinale gegen Algerien mit 28,21 Millionen den Spitzenwert.

Schon vor dieser Weltmeisterschaft waren die zehn erfolgreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen Fußballübertragungen. Rekordhalter ist das „ZDF EM-Studio“ im Anschluss an das EM-Finale Deutschland – Tschechien im Jahr 1996 mit 32,73 Millionen Zuschauern, aber das war nur sechs Minuten lang und zählt daher eigentlich nicht.

Eine einheitliche Quotenmessung gibt es im deutschen Fernsehen erst seit 1988. Ermittelt werden die Werte durch die GfK-Fernsehforschung. Aber natürlich wurde auch schon vorher heftig in die Glotze geschaut. So schätzt man, dass im Januar 1963 bei der Ausstrahlung des Francis-Durbridge-Krimis „Tim Frazer“ eine Sehbeteiligung von 93 Prozent aller Haushalte erzielt wurde. Allerdings hatte man damals kaum eine Wahl. Es gab erst ein Fernsehprogramm in Deutschland, das ZDF kam erst im Laufe des Jahres mit seinem Programm dazu.

Die Privatsender erzielen ihre Rekordquoten mit anderen Angeboten. Bei RTL war es der Boxkampf zwischen Axel Schulz und François Botha, den 1995 gut 18 Millionen Zuschauer sahen. ProSieben erreichte seinen Spitzenwert mit einem Film. „Der Schuh des Manitu – extra Large“ wollten 12,21 Millionen sehen. Das „Kanzlerduell“ im Bundestagswahlkampf 2005 zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel, das ARD, ZDF, RTL und Sat.1 zeitgleich zeigten, lockte 20,97 Millionen vor die Schirme. Sollte es am Sonntag beim Endspiel in Brasilien einen neuen TV-Quotenrekord geben, dann wird die Bundeskanzlerin wohl nicht dazu beitragen. Sie sieht sich das Match wahrscheinlich wieder im Stadion an. Schließlich ist sie das „Maskottchen“ der Mannschaft.