Justus Frantz, Gründer des Schleswig-Holstein Musik Festivals, wird am Sonntag 70 Jahre alt. Sein Nach-Nach-Nachfolger Christian Kuhnt, aktueller SHMF-Intendant, gratuliert.

Lübeck. Wenn ein Nach-Nach-Nachfolger etwas über seinen Vor-Vor-Vorgänger schreiben soll, ist dies durchaus eine Herausforderung. Als ich gefragt wurde, ob ich bereit wäre als amtierender Intendant eine Würdigung anlässlich des 70. Geburtstages von Justus Frantz zu verfassen, habe ich spontan und gerne zugesagt.

Knapp 20 Jahre liegen zwischen seinem Ausscheiden und meinem Amtsantritt beim Schleswig-Holstein Musik Festival. Persönlich begegnet bin ich dieser umtriebigen Musikerpersönlichkeit nur zweimal in meinem Leben, jeweils nach Konzerten in Neumünster und Itzehoe. Während sich Justus Frantz wahrscheinlich nicht mehr an unsere Zusammentreffen erinnern kann, hat mich die energiegeladene Ausstrahlung dieses Menschen nachhaltig beeindruckt. Man versteht sofort, dass nur jemand wie er dazu in der Lage war, etwas Unmögliches zu wagen, nämlich ein Musikfestival zwischen Nord- und Ostsee zu etablieren. Das Einzigartige dabei war nicht allein, Legenden wie Svjatoslav Richter in den Rinderstall von Gut Haseldorf, Yehudi Menuhin in die Bordesholmer Klosterkirche oder Leonard Bernstein zur Sparkassen-Arena nach Kiel zu locken, sondern Menschen weit über das privilegierte Bildungsbürgertum hinaus für klassische Musik zu begeistern.

Wie keinem in Deutschland vor ihm gelang es Justus Frantz, mittels seines Künstlertums und seiner kommunikativen Kraft ein Publikum in die Konzerte zu locken, dem die Musentempel bis dahin weitestgehend verschlossen blieben. Sehr wichtig ist dabei zu betonen, dass ihm dies gelang, ohne der Musik Gewalt anzutun. Er sah nicht im Cross-over verschiedener Musikrichtungen den Weg zu den Menschen, sondern trat als begeisternder Moderator in Erscheinung.

Natürlich hat sich beim Schleswig-Holstein Musik Festival im Laufe der Jahre viel verändert. An die Stelle der von Justus Frantz mit großem Engagement betriebenen Auseinandersetzung mit der Musik Osteuropas tritt heute eine Komponisten-Retrospektive, die sich in diesem Jahr mit der Musik von Felix Mendelssohn beschäftigt. Auch ein umfangreiches Interpreten-Porträt, wie es 2014 mit 17 Konzerten der gefeierten Cellistin Sol Gabetta gewidmet ist, hat es so nicht gegeben. Ebenfalls neu ist die Einbeziehung von Künstlern wie Elton John, Axel Prahl oder Rocko Schamoni. Doch wenn nun am 6. Juli das 29. Schleswig-Holstein Musik Festival in Lübeck mit dem NDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Thomas Hengelbrock feierlich eröffnet wird, geschieht dies in einer Tradition, die von Justus Frantz begründet wurde. Das Gleiche gilt für die beliebten „Musikfeste auf dem Lande“, die an den Sommerwochenenden ganze Familien auf idyllische Landgüter wie Wotersen oder Hasselburg locken.

Und dies gilt auch für das Überwinden von Grenzen, denn das Schleswig-Holstein Musik Festival bezieht als Festival des Nordens Hamburg das nördliche Niedersachsen und Süddänemark wie selbstverständlich in seine Planung mit ein.

Dass Frantz, dessen Festivalidee das deutsche Musikleben maßgeblich verändert hat, nun seinen 70. Geburtstag feiert, ist einerseits angesichts seiner ungebrochenen Dynamik kaum zu glauben und bietet uns andererseits eine gute Gelegenheit ihm etwas laut zuzurufen: Danke, Happy Birthday und wir sehen uns am 28. Juli in Lübeck!

Christian Kuhnt ist Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festival. Am 28.7. findet in der Lübecker MuK ein Geburtstagskonzert mit Justus Frantz statt. Karten: T. 0431/23 70 70