Theater

Hamburger Ulysses feiert Premiere im Netz und auf der Bühne

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Neue Kleider für den alten Stoff von James Joyce: Das Ulyssesprojekt spinnt den Faden aus dem Internet auf die Theaterbühne.

Hamburg. Kann man einen schwer verdaulichen 1000-Seiten-Wälzer aus dem Jahr 1904 heute noch allen Ernstes auf eine Theaterbühne bringen? Ein Buch, das sich anlehnt an die Odyssee von Homer? Und das ist nicht Homer Simpson aus der gleichnamigen TV-Serie, sondern der griechische Dichter.

Mit „Ulysses“ von James Joyce haben sich Generationen von Lesern, Akademikern und Künstlern herumgeplagt. Doch was der Hamburger Regisseur Marat Burnashev und die Autorin Swantje Basedow (Buch und Schnitt) aus dem Umfeld des Thalia Theaters jetzt auf die Beine gestellt haben, stellt den legendären Irrlauf des Hauptdarstellers Leopold Bloom vom Kopf auf die Füße.

Ihr Ulyssesprojekt für Film, Internet und Bühne holt den aus der Zeit gefallenen Anzeigenakquisiteur Bloom aus dem wuseligen Dublin ins Hier und Jetzt. An diesem Sonnabend ist im Berliner Ballhaus Ost Premiere (20 Uhr). Weitere Vorstellungen dort folgen, ehe das Ulyssesprojekt im Winter 2014/2015 in der Garage X in Wien und möglicherweise darauf auch in Hamburg zu sehen sein wird.

Aber im Internet ist es sowieso schon präsent. Unter www.ulyssesprojekt.de finden sich bereits die 14 Video-Episoden, die auf den Plot auf der Bühne hinführen. Auf die Begegnung zwischen Leopold Bloom, dem Angestellten einer Dubliner Zeitung, und dem Lehrer Stephen Dedalus. Ihre Wege haben sich zuvor bereits gekreuzt.

In den Videos, die nach und nach im Internet veröffentlicht wurden, haben Basedow und Burnashev bereits zu tiefgründiger Musik und immer wiederkehrenden Schnittmustern eine sanfte Spannung aufgebaut.

Da erzählt die Besitzerin einer Hamburger Drogerie am Grindel über die Düfte, die sie früher verkaufte. Auch sie wirkt wie aus der Zeit gefallen. Nebenbei taucht der Name von Bloom auf. Ein Schlachter aus Eimsbüttel erklärt, was es mit den Geheimnissen der Zubereitung von Leber auf sich hat, ein Zocker verrät die besten Tipps für Pferdewetten – es gibt eigentlich keine. Ein Mann sagt, warum er in der Suppenküche essen muss, eine Hebamme am UKE spricht von ihrer Leidenschaft für Geburten.

Zwei Abendblatt-Mitarbeiter tauchen auf, die sich erst streiten und dann über ihren Beruf in Zeiten der Internet-Allgewalt sinnieren. Und immer wieder gibt es Handlungsfäden Richtung Leopold Bloom.

Als Schauspieler in das Projekt eingebunden sind unter anderem die vom Thalia bekannten Patrycia Ziolkowska, Mirco Kreibich und Bruno Cathomas. Dieses Ulyssesprojekt ist ein gelungener Versuch, aus einem schweren Stoff eine zeitgemäße Story zu knüpfen. Es ist multimedial, erschlägt den Zuschauer aber nicht mit der Wucht neuer Technologie. Ob die Bühnenfortsetzung der Videosequenzen gelingt, können von Sonnabend an die Theaterbesucher entscheiden.

Sehen Sie hier die Internetvideos

( (ryb) )