Hamburgs erstes Kreuzfahrt-Musical läuft am Donnerstag in den Fliegenden Bauten vom Stapel

Fliegende Bauten. Die MS „Hamburger Deern“ ist eine stattliche, immer noch relativ kleine Barkasse. Ihr Revier ist der Hamburger Hafen, nicht das große weite Meer. Dort fahren Kreuzfahrtschiffe. Als die „Queen Mary II“ erstmals Hamburg anlief, waren entlang der Elbe 750.000 Menschen auf den Beinen, weiß der Barkassenkapitän zu berichten. Ganz gelassen. Denn was vor einem Jahrzehnt noch eine Sensation war, ist bei zuletzt fast 100 Kreuzfahrtschiffen und mehr als einer halbe Million Passagieren per Anno in der Hansestadt längst Routine. Keine Frage, der Kreuzfahrt-Tourismus boomt.

„Kreuzfahrt, wir machen Kreuzfahrt“, singen sechs verkleidete Darsteller denn auch auf der „Hamburger Deern“. Eine Art Wassertaufe. Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis in Hamburg, immerhin die drittgrößte Musical-Metropole der Welt, das erste maritime Singspiel vom Stapel läuft. Nach der Probefahrt (Preview) am heutigen Mittwoch erlebt „Innenkabine mit Balkon“ am Donnerstag in den Fliegenden Bauten die Jungfernfahrt.

In dem kurz vorm Abwracken stehenden Zelttheater hat – als frische Kulisse – die MS „Deliria“ festgemacht. Auf dem Kreuzfahrtschiff stehen exemplarisch zwei Paare im Mittelpunkt, ein jüngeres und ein älteres, beide erstmals auf großer Fahrt: zum einen die naive Tina (Josefine Nickel) und ihr machohafter Michael (Akif Aydin), zum anderen der muffige Karl (Klaus Schäfer) und seine seekranke Ehefrau Heidrun (Gabriele Stern), die sich schon beim Stöbern im Katalog in den Kapitän verliebt hat. Den gibt Andreas Zaron mit Wiener Zungenschlag. Sechste an Bord ist Annette Krossa, unter anderem als Rezeptionistin. Insgesamt übernehmen die Darsteller 32 Rollen.

„Beim Casting hatten wir etwas Panik davor, dass wir kein älteres Ehepaar finden würden“, erzählt Michael Tasche. Bei den jungen Darstellern im Alter bis zu 25 Jahren gab es keinerlei Probleme, so Tasche. Er hat das Musical mit Marco Ströhlein geschrieben, produziert und inszeniert. Die beiden Macher sind sowohl privatfernseh-erprobt (bei Sat.1., RTL und dem Disney Channel) als auch hochseetüchtig. Ihr Stück basiert auf ihrem komischen Kreuzfahrt-Ratgeber „Innenkabine mit Balkon“, der als Buch bereits zum Bestseller geworden ist.

„Das meiste ist an Bord wirklich passiert, 90 Prozent haben sich so abgespielt“, versichert Ströhlein. Die zehn skurrilsten Fragen der Kreuzfahrer haben Tasche und er zudem ins Stück eingebaut. „Schläft die Crew auch an Bord?“, ist noch nicht mal die blödeste Frage. „Macht der Kapitän das hauptberuflich?“, klingt da schon gewagter.

Weil die die MS „Deliria“ aber ohne Livemusik nicht in Fahrt käme, haben die Macher eigens eine Showband engagiert, die Oceans Four, eine dreiköpfige(!) Combo. Sie wird im Musical jeden Abend dasselbe spielen – wie auf realen Kreuzfahrten eben. Komponiert hat die Musik Bastian Pusch, ein Münchner, der manchen noch als Bandleader der frühen „bullyparade“ auf ProSieben oder vom Hamburger Comedy-Pokal 2008 bekannt sein dürfte: Damals gewann der Pianist Pusch als kleiner Teil im Slapstick-Duo Arthur Senkrecht den zweiten Preis.

Mit Komponist und Band wäre es auf der „Hamburger Deern“ vermutlich zu eng geworden. Aber auch ohne die vier haben die sechs Darsteller bei der Wassertaufe den Titelsong drauf: „Innenkabine mit Balkon“ hat poppigen Pep und am ehesten Hit-Potenzial.

„Ein Gast hat uns den Titel beschert, der hat danach gefragt“, erzählt Ströhlein schmunzelnd. Ironie der Kreuzfahrt-Geschichte: Auf US-Schiffen gibt es die Innenkabine mit Balkon inzwischen tatsächlich – mit Blick auf ein bekanntes Schnellrestaurant.

Aber wie hat der Kapitän der „Hamburger Deern“ so schön trocken formuliert: „Kreuzfahrer haben keinen großen Tiefgang.“ Auch bei der „Queen Mary II“ sind es nur 9,50 Meter.

„Innenkabine mit Balkon – Das Musical“ Preview Mi 26.3., 20.00, Premiere Do 27.3., 20.00, bis 20.4. und 21.5.–1.6., Fliegende Bauten (U St. Pauli), Glacischaussee 4, Karten zu 12,70 (Prev.) bis 32,90 unter T. 01806/04 04 24; www.fliegende-bauten.de