Die Flo Peters Gallery zeigt anlässlich des 85. Geburtstags von Robert Lebeck etwa 90 Aufnahmen des Bildreporters. Seine große Kunst bestand vor allem darin, Situationen als Motive zu erkennen.

Flo Peters Gallery. Vor fünf Jahren, zu Robert Lebecks 80. Geburtstag, war im Berliner Gropius-Bau die ganz große Retrospektive zu sehen. An diesem Freitag, an dem der Fotograf 85 wird, beginnt in der Hamburger Galerie Flo Peters eine sehr viel kleinere Ausstellung, die einerseits natürlich die „Ikonen“ zeigt, zum anderen aber auch Motive, die weit weniger bekannt sind.

Zu sehen sind etwa 90 Bilder aus Lebecks gesamter Schaffenszeit, mehr als die Hälfte davon sind sogenannte Vintage Prints, also Abzüge, die der Fotograf bald nach dem Entstehen des Negativs abgezogen hat. „Manche Motive muss ich zeigen, weil sie sonst vermisst würden, andere lagen mir selbst besonders am Herzen“, sagt die Galeristin, und weist auf ein Bild von 1972, das Willy Brandt am Strand von Fuerteventura mit seinem Hund zeigt: ein Motiv von enormer Eindringlichkeit, das Nähe und Distanz zum Ausdruck bringt, Weite und Vertrautheit.

Seine Porträtfotografien wurden zu eindrucksvollen Charakterstudien

Die Ausstellung ist nicht chronologisch, sondern thematisch gegliedert, sie zeigt Werk- und Motivgruppen und lädt den Betrachter immer wieder zu Entdeckungen ein. Obwohl Schwarz-Weiß-Bilder dominieren, findet man immer wieder auch starke Farbmotive, die manchmal nur wenig bekannt sind. Zum Beispiel ein Blick ins Cockpit eines Hubschraubers nach dem Olympia-Attentat 1972 in München, in dem Einschusslöcher markiert und mit Nummern versehen sind.

Robert Lebecks Fotografien sind keine artifiziellen Inszenierungen, sondern Dokumente ihrer Zeit. Seine große Kunst bestand vor allem darin, Situationen als Motive zu erkennen, die ein Geschehen nicht nur abbilden, sondern es für den Betrachter nacherlebbar werden lassen. Manche seiner Fotografien bringen eine politische Situation, eine gesellschaftliche Entwicklung oder ein historisches Geschehen so auf den Punkt, dass man die Hintergründe und Zusammenhänge selbst im Abstand von Jahrzehnten noch zu durchschauen meint. Dabei sind dem gebürtigen Berliner Jahrhundertbilder gelungen. Etwa bei dem „Gestohlenen Säbel des Königs“, einem seiner berühmtesten und am meisten gedruckten Fotos, das jetzt bei Flo Peters auch zu sehen ist: Am 29.Juni 1960 war Lebeck nach Léopoldville (dem heutigen Khinshasa) gereist, um über die Parade zu berichten, mit der die Kolonie Kongo ihre Entlassung in die Unabhängigkeit feierte. Zu den Protagonisten dieses historischen Ereignisses gehörte auch der belgische König Baudouin, der im offenen Wagen durch die Stadt gefahren wurde. Lebeck beobachtete aus nächster Nähe, wie ein Afrikaner neben der Staatskarosse auftauchte und den Säbel des Königs an sich riss. „Der ‚Dieb‘ rannte auf mich zu, und ich habe intuitiv auf den Auslöser gedrückt, als Einziger“, erinnert sich Lebeck später in einem Interview.

Lebeck gehört zur Generation der Kriegskinder. Als 14-Jähriger wurde er Flakhelfer, kurz vor Kriegsende musste er noch an die Front. Nach Kriegsende studierte er Ethnologie und Geografie, begann aber 1952 zu fotografieren. Schnell konnte er sein außerordentliches Können unter Beweis stellen. Als Fotoreporter arbeitete er für Zeitschriften wie „Revue“ und „Kristall“, am längsten für den „Stern“. Er fotografierte Politiker, Schauspieler, und viele seiner Porträts wurden zu Charakterstudien. „Ich bin nicht für bedenkenloses ‚Draufhalten‘. Wichtig scheint mir, die Motive zu respektieren. Romy Schneider zum Beispiel habe ich immer so aufgenommen, dass sie nicht entstellt wurde, dass ich also wiederkommen konnte – auch in der Entzugsklinik in Quiberon, auch noch kurz vor ihrem Tod.“

Robert Lebeck hat nicht inszeniert, sondern beobachtet. Ihm ging es nicht um das spektakuläre Motiv, sondern immer nur darum, den Dingen auf den Grund zu gehen, Zusammenhänge zu erkennen, eine Atmosphäre wiederzugeben. Besonders eindringlich sind seine Alltagsmotive: zum Beispiel der Blick von innen nach außen durch das Schaufenster einer Kneipe an der Hamburger Hafenstraße, vor der ein Pferdefuhrwerk steht, aufgenommen 1962. Oder die verhärmten Eierverkäufer in China, die der Fotograf aus dem Westen 1961 in ihrer anrührenden Armut und zugleich voller Würde porträtiert hat. Viele dieser Bilder erzählen Geschichten, vor allem deshalb rühren sie den Betrachter an und bleiben ihm im Gedächtnis.

„Robert Lebeck – In die Welt“ Ausstellung bis 17.5., Flo Peters Gallery, Chilehaus C (U Steinstraße), Pumpen 8, T. 30 37 46 86, Di–Fr 11.00–18.00, Sa 11.00–15.00; www.flopetersgallery.com/de