Mit großartiger Band, aber nur wenigen Klassikern bestritt Bob Dylan sein erstes von zwei Konzerten im CCH. Dylan war gut bei Stimme, durchaus keine Selbstverständlichkeit.

Hamburg. Die Bühne ist noch in tiefe Dunkelheit getaucht, dann erklingen kräftige Gitarrenakkorde aus dem Off. Doch es ist nicht Bob Dylan, der in die Akustische drischt, sondern sein Gitarrist Stu Kimball. Die Band und ihr Bandleader kommen aufs Podium im CCH, sechs große altmodische Scheinwerfer tauchen die Bühne in ein schummriges Licht. Dylan stellt sich hinters Mikro, schüttelt und stretcht sich kurz wie ein Schwimmer vor dem Startsprung. Das Publikum begrüßt ihn begeistert, einige haben sich von ihren Plätzen erhoben, um dem Meister stehend ihre Referenz zu erweisen.

Das erste der beiden Hamburger Konzerte beginnt Dylan mit „Things Have Changed“. Den Song hat er 2000 für Curtis Hansons Film „Wonder Boys“ geschrieben und dafür einen Oscar erhalten. Breitbeinig steht er in einem von Applikationen geschmückten dunklen Anzug hinter dem Mikro und singt die Nummer mit seiner schartigen Stimme, die sich inzwischen extrem von dem näselnden Organ unterscheidet, das in den 60er-Jahren sein Markenzeichen war. „She Belongs To Me“, die zweite Nummer, stammt aus dieser Zeit und fand sich auf dem Album „Bringing It All Back Home“. Damals orientierte der Folksänger Dylan sich neu in Richtig Electric Rock und entfachte unter seinen Fans einen Sturm der Entrüstung. Heute widerfährt ihm bei jedem seiner Auftritte nichts als tiefe Verehrung.

Wer allerdings Dylan-Hits erwartet hatte, wird an diesem Abend enttäuscht. Kein „Like A Rolling Stone“, kein „Highway 61 Revisited“. Aber die Fans des 72-Jährigen wollen auch kein Wunschkonzert, lautstarke Forderungen nach einzelnen Songs gibt es nicht. Das bekannteste Lied des Abends ist „Tangled Up In Blue“ aus dem Album „Blood On The Tracks“ . Nach der Pause hat Dylan mit „Simple Twist Of Fate“ eine weitere Nummer aus dieser Platte im Programm, die er als einen Wendepunkt in seiner Karriere bezeichnet. Im Mittelpunkt des Abends stehen Nummern aus Dylans aktueller CD „Tempest“, diesem überragenden Alterswerk des schweigsamen Pop-Granden.

Dylan ist gut bei Stimme, durchaus keine Selbstverständlichkeit. Er wechselt zwischen Mikro und Keyboards, auch die Mundharmonika kommt zum Einsatz. Seine überragende und perfekt abgestimmte Band kreiert einen federnden Sound, der im Blues und im Country & Western wurzelt. Über Blicke müssen die fünf Musiker und ihr Chef nicht kommunizieren, das Konzert läuft wie eine gut geölte Maschine, in der ein Rädchen ins andere greift.

Am Ende im Zugabenteil holt Dylan dann doch noch zwei seiner bekanntesten Lieder aus der Songkiste: „All Along The Watchtower“ wird begeistert bejubelt, „Blowin’ In The Wind“ dagegen erkennen die meisten Fans erst spät. Mit der ursprünglichen Version hat der Song nicht mehr viel zu tun. Dylan ist ein anderer als 1962, die Hymne von damals ist in ihrer modernen Fassung ein Beispiel für die vielen Häutungen dieses Künstlers.