Die Hamburger Sänger treten an diesem Donnerstag beim Bundesvision Song Contest in Mannheim an. Klare Favoriten gibt es keine

Mannheim. Eigentlich war der Einstieg von Stefan Raab in das mediale Politikgeschäft nicht so die große Überraschung, wie sie dargestellt wurde. Schließlich hat sich der Moderator und Entertainer schon seit 2005 als Behüter des föderalen Systems bewährt. Der „Bundesvision Song Contest“ gibt allen 16 Bundesländern eine Stimme für ihre jeweilige Popkultur, so auch wieder an diesem Donnerstag in der Mannheimer SAP-Arena.

Ein wenig geht es dem „Bundesvision Song Contest“ aber wie der am vergangenen Sonntag aus dem Bundestag gekegelten FDP. Seit Jahren laufen Raabs Musikshow die Zuschauer davon, das Allzeittief war 2012 mit nur noch 1,32 Millionen Zuschauer erreicht, selbst die Spielshow „Mein Mann kann“ auf Sat.1 hatte mehr Zuschauer. Das bedeutete auch in der Zielgruppe der werberelevanten 14- bis 49-Jährigen nur 11,9 Prozent Marktanteil, üblich waren in den Vorjahren 15 bis 17 Prozent.

Gründe für den Sprung ins Quotenloch gibt es zahlreiche, die Buhrufe bei der Verkündung des Siegers 2012 sprachen Bände: Der Triumph der Mainstream-Stars Xavier Naidoo und Kool Savas als Duo Xavas war ebenso vorhersehbar wie die Gewinner der Jahre 2011 (Tim Bendzko) und 2010 (Unheilig). Das eigentlich gewitzte Konzept, Zuschauer mit allseits bekannten Künstlern vor die Fernseher zu locken, um ihnen so auch interessante Newcomer wie Kraftklub oder Laing zu präsentieren, ging nicht auf, weil das spannendste Element – der Wettbewerb – zum Gähnen war. Die eher lieblos gewordene Moderation von Raab und die schaurigen Schalten zu den Punkte verkündenden Radiosendern taten ihr Übriges. Zumindest könnte es dieses Jahr wieder spannender werden, denn eindeutige Favoriten wie in den Vorjahren sind nicht erkennbar. Der für Berlin antretende Party-Rapper MC Fitti hat in den letzten Wochen zwar einigen Rummel ausgelöst, allerdings polarisieren er und sein Lied „Fitti mit’m Bart“ auch derart stark, dass nicht wenige Zuschauer gedanklich den Kraftklub-Song von 2011 singen werden: „Ich will nicht nach Berlin“. Zu den wenigen arrivierten Künstlern gehören der für Baden-Württemberg singende Max Herre mit „Fremde“ und der für Niedersachsen antretende Axel Bosse („So oder so“), der schon 2011 im Duett mit Anna Loos Dritter wurde.

Eine starke, aber nicht unschlagbare Konkurrenz ist es also für den Hamburger Kandidaten Johannes Oerding. Sein melancholischer Song „Nichts geht mehr“ lebt im Vergleich zum klassischen BuViSoCo-Hochglanzpop zwar vor allem von seiner Stimme, aber die Textzeile „Ich hab alles verspielt, alles verloren, ich hab zu viel gesetzt“ klingt pessimistischer, als es der sympathische und zugängliche Songschreiber ist. Wenn Ausstrahlung den Ausschlag gibt, kann er punkten.

Ein weiterer Wahlhamburger in Mannheim ist übrigens Ingo Pohlmann. Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Sänger aus Winterhude widmet seiner alten Heimat „Atmen“, ein treibendes, sehr eingängiges Stück Electro-Pop, das Pohlmann musikalisch von einer neuen Seite zeigt. Und wenn es nicht klappt, bleibt ihm immer noch das Konzert am Sonntag in der Großen Freiheit 36 (siehe Ankündigung in der heutigen LIVE-Beilage).

Das Zeug zum Geheimfavoriten haben aber die Bremer. Denn das Hip-Hop-Trio De fofftig Penns hat nicht nur starke Reime, sägende Akkordeon- und Synthie-Effekte und mächtige Dubstep-Beats, sondern rappt auch noch op Platt. Das fällt auf, das macht Laune, das „löppt“. Ein Platz auf dem Treppchen ist durchaus drin.

Aber die Wahl haben ganz demokratisch die Zuschauer per Telefon und SMS. Und der Wahlzettel ist ja noch lang. Da sind noch Charly Bravo („Dreckige Namen“) für Bayern, Keule („Ja, genau!“) für Brandenburg, Hannes Kinder & Band („Déjà-vu“) für Thüringen, Adolar („Halleluja“) für Sachsen-Anhalt, DCVDNS („Eigentlich wollte Nate Dogg die Hook singen“) für das Saarland, Guaia Guaina („Terrorist“) für Mecklenburg-Vorpommern, Mega! Mega! („Strobo“) für Rheinland-Pfalz, The toten Crackhuren im Kofferraum („Ich brauch keine Wohnung“) für Sachsen und Luna Simao („Es geht bis zu den Wolken“) für Schleswig-Holstein.

Auch Xavier Naidoo hat wieder seine Hände im Spiel. Das von ihm initiierte Kollektiv „Sing um dein Leben“ mit Kandidaten der Castingshow „The Voice of Germany“ vertritt Hessen mit „Unter meiner Haut“. Aber Hessen und Wahlen, das ist ja auch immer eine Nummer für sich.

„Bundesvision Song Contest 2013" Do 26.9., 20.15 Uhr, ProSieben