Der neu ernannte Kunstbeutelträger prämiert bis Jahresende Hamburger Künstler und Projekte. Das Verfahren ist ungewöhnlich, aber nicht uninteressant. Der Kunstbeutelträger agiert anonym.

Hamburg. Zuerst traf man sich zweimal in der Kulturbehörde, später dann auch in den Wohnungen und Ateliers der Künstler, mit denen Kultursenatorin Barbara Kisseler ins Gespräch kommen wollte. Und da gab es dann wohl nicht nur Kaffee, sondern vielleicht auch mal ein Glas Rotwein. Möglicherweise erklärt sich ja daraus der erfrischend unkonventionelle Name, den alle Beteiligten für das neue Förderexperiment schließlich gefunden haben: der Kunstbeutelträger. Da die städtische Kunstförderung mit ihren eingeführten Modellen und Projekten in der Szene immer mal wieder kritisch hinterfragt wird, will die Kulturbehörde nun gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Hamburger Künstler etwas völlig Neues ausprobieren.

40.000 Euro an zusätzlichen Mitteln macht die Behörde dafür locker, dass ein völlig unabhängiger Kurator einzelne Künstler, aber auch Gruppen, Organisationen oder Institutionen in den nächsten sechs Monaten nach eigenem Ermessen fördern kann. Das Verfahren ist ungewöhnlich, aber nicht uninteressant. Niemand kann Anträge stellen, sich präsentieren oder sonst irgendwie Einfluss nehmen, denn der Kunstbeutelträger agiert anonym. Wer diesen Posten übernommen hat, wird nämlich geheim gehalten. Sicher ist nur, dass diese Person in der Kunstszene bestens vernetzt ist. Aus 22 Vorschlägen wurde eine Person ausgelost, die Hamburgs vielleicht geheimnisvollstes öffentliches Amt bis zum Jahresende ausüben darf.

Der Kunstbeutelträger besucht Veranstaltungen, Ausstellungseröffnungen und Ateliers, er spricht mit Künstlern, diskutiert über Kunstwerke und bildet sich völlig unabhängig seine Meinung. Und er wirkt auch nicht im Verborgenen, sondern legt im Internet Rechenschaft über jede seiner Entscheidungen ab, und zwar geschieht dies auf der eigens dafür eingerichteten Website www.kunstbeutel-hamburg.de.

„Mit diesem Projekt bringen wir ein spielerisches Moment in die Kunstförderung. Gemeinsam mit Vertretern der Kunstszene haben wir herauszufinden versucht, wie man frischen Wind in alte Strukturen bringen kann“, sagt Barbara Kisseler, die großen Wert darauf legt, dass das Experiment nicht zulasten der bestehenden Förderstrukturen wie Arbeitsstipendien oder das Programm „Kunst im öffentlichen Raum“ gehen wird.

Spätestens Ende des Jahres wird der letzte Cent der Fördersumme ausgegeben sein. Und dann soll auch Bilanz gezogen werden. Dann werde sich zeigen, meint die Senatorin, in welchem Maß das Experiment tatsächlich dazu beigetragen habe, eingefahrene Denkmuster aufzubrechen.