Eine Begegnung mit dem Schauspieler und Autor Hardy Krüger, der in dieser Woche 85 Jahre alt wird und sein Projekt gegen rechts vorstellte.

Hamburg. Diese Stimme. Diese Augen. Mehr muss man eigentlich nicht erwähnen, denn schon diese beiden Erkennungsmerkmale machen klar: Es gibt nur einen Hardy Krüger. Ein echter Weltstar aus dem zertrümmerten Nachkriegs-Deutschland, das ging damals tatsächlich, ganz gegen die üblichen Klischees und die massive Ablehnung. Ein guter, aber ein überhaupt nicht handzahmer Bilderbuch-Germane war er für den staunenden Rest der Welt, ein sehr seltenes Exemplar in jener Zeit. Die internationale Karriere begann 1957 mit "Einer kam durch" auf der Leinwand, als das Kino Träume von anderen Welten und Wirklichkeiten bebilderte und man sich in Gesichter verlieben konnte. Mit John Wayne in Afrika "Hatari!" gedreht und gebechert. Mit Sean Connery "Das rote Zelt" gedreht und gebechert. Mit Richard Burton "Die Wildgänse kommen" gedreht und bestimmt auch gebechert. Mit James Stewart "Der Flug des Phönix" gedreht und vielleicht auch gebechert, aber zu dieser Frage kamen wir erst gar nicht, weil Krüger ein Anekdotenarchiv im Kopf hat, das locker für mehrere Biografien reicht.

In der schönsten Geschichte unseres Plauschs bei einem Glas Wasser kommt Harry Belafonte vor, etwa ein Jahr älter als Krüger, ebenfalls Weltstar mit Ecken und Kanten. Auf das mondän gemeinte "Ich sprach einmal mit Harry Belafonte" seines Gegenübers entgegnet Krüger grinsend "Ich auch. Wiederholt. Oft auch Politisches, vor allem später." Es war einmal, in einem Schuhgeschäft in Beverly Hills. Krüger, gerade mit seiner Frau bei der Anprobe, sah aus dem Fenster und fragte sich verdutzt, ja, ist das da draußen nicht Harry Belafonte? Belafonte sah durch das Schaufenster ins Geschäft und fragte sich offenbar verdutzt, ja, ist das da nicht Hardy Krüger? Er kam rein. "Ich bin Harry Belafonte." "Ich weiß." "Ich bin Hardy Krüger." "Ich weiß." Und als das geklärt war, hatte Belafonte dann auch noch ein Paar Schuhe gekauft, weil ihm diese Situation wohl etwas peinlich war. "Daran ist zu erkennen, was für ein Mann er war." Auf jeden Fall sei das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft gewesen.

Krüger war mal kleiner Statist am Schauspielhaus und wurde vom Hamburger Buchhändler Felix Jud zum professionellen Schreiben motiviert, mittlerweile hat er etliche Bücher und Bestseller im Lebenslauf neben seinen über 70 Filmen. "Stolz? Das Wort trifft nirgendwo auf mich zu", sagt er. Als erster Deutscher am Broadway gespielt. Als deutsche Schauspielgröße ein Offizierspatent der französischen Ehrenlegion - wie außer ihm nur noch Marlene Dietrich - für Verdienste um die deutsch-französische Verständigung und 1959 ein "BRAVO-Otto" in Bronze, wofür, weiß er nicht mehr. War wohl nicht so wirklich wichtig.

Wichtig ist ihm heute anderes.

Denn jetzt also ist Hardy Krüger, mal wieder, statt in Kalifornien oder einem Appartement im Berliner Adlon in Hamburg, wo er noch seine Wohnung an der Außenalster hat, um im Rathaus die Idee eines Projekts gegen rechts vorzustellen (s. Kasten). Krüger weiß genau, wovon er spricht und worüber er sich aus dem Stand ausführlich aufregen kann. Seine Eltern waren glühende Hitler-Anhänger und der kleine Franz Eberhard August wurde von ihnen und den Lehrern dazu erzogen. Er wurde auf eine Kaderschule geschickt, die Ordensburg in Sonthofen, und als Mitwirkender im UFA-Propagandafilm "Junge Adler" vor die Kamera gestellt und merkte gerade noch rechtzeitig genug, dass seine Idole und ihr Anführer, der "österreichische Anstreicher", Verbrecher waren. "Vergeben kann ich nicht. Auch die jetzigen Nazis sind meine Todfeinde, ganz egal, was die machen."

Geboren am 12. April 1928 in Berlin. Dass er am gleichen Datum, wenn auch 20 Jahre früher, wie der ehemalige Außenminister Joschka Fischer geboren wurde, der Verkörperer einer anderen ebenfalls sehr ungewöhnlichen deutschen Biografie, tangiert Hardy Krüger eher nicht. Ist halt so. Gleicher Jahrgang wie Che Guevara, Andy Warhol, Jeanne Moreau, Hundertwasser und Stockhausen? "Ziemlich bunte Mischung", kommentiert er diese historische Ansammlung von XL-Charakteren amüsiert, aber "da ich Kommunisten ebenso wenig ausstehen kann wie Nazis, habe ich über Che kaum nachgedacht".

Mit einem Klassiker wie ihm ist man sofort bei den größeren Fragen des Lebens, der nach der Bedeutung des Worts Haltung beispielsweise. "Bei dem, der ich geworden bin, hat Haltung etwas mit Verantwortung zu tun, dem eigenen Land gegenüber und bei dessen Vertretung gegenüber anderen. Haltung ist für mich ein moralischer Begriff." Wie war das 20. Jahrhundert für ihn, als Weltenbummler und als Deutscher, rückblickend betrachtet? "Der Anfang war lebensgefährlich und düster. Was dann für mich daraus wurde, war wunderbar. Das ist ein großes Wort, aber es ist nun einmal so."

Den vor einigen Wochen lebhaft diskutierten ZDF-Mehrteiler "Unserer Mütter, unsere Väter" über Jugendliche im Dritten Reich hat Krüger noch nicht gesehen und hat deswegen noch keine Meinung dazu. Dafür ist seine Meinung zu der Behandlung türkischer Medien durch das Gericht beim NSU-Prozess in München umso eindeutiger: "Das ist ein Skandal, was geht in diesen Köpfen vor, ich verstehe es nicht."

Wo das geklärt ist, ist auch noch Platz für Abseitigeres. Zu welcher Musik tanzt ein Hardy Krüger am liebsten? "Ich bin der elftschlechteste Tänzer Deutschlands." Wann hat ihn das letzte Mal ein Groupie angeflirtet? "Da war ich schon weit über 70", antwortete der 84-Jährige, ganz Gentleman. "Das hat aber zu nichts geführt." Wer konnte mehr vertragen, Connery oder Wayne? "Sean trinkt mit Gusto, der Duke hat gesoffen." Sehnsucht nach der Kamera? "Ja, wenn's was Gutes ist."

George Bernard Shaw hat einmal geschrieben, dass alte Menschen deswegen gefährlich seien, weil sie keine Angst mehr vor der Zukunft hätten. "Herrlich! Aber ich halte mich nicht für gefährlich. Seit ich den Krieg überlebt habe, hatte ich vor der Zukunft nie Angst. Und ich sag jetzt mal was, von dem ich weiß, dass es missfällt: Ich hab gewusst, dass ich Karriere mache. Ich hab auch gewusst, dass ich eines Tages gedruckt werde."

Wer ihn in der Verfilmung seines kinoüberreifen Lebens spielen soll? "Ist mir wurscht, er muss nur gut sein", brummelt Krüger in seinen Ernest-Hemingway-Bart, dass die Lachfalten um seine hollywoodblauen Augen tänzeln. "Wird so schnell ja hoffentlich noch nicht passieren."