Im Mai bespielt der Art Directors Club das geplante neue Kreativquartier. Der dort aktive Verein fürchtet, dass die Aktion ein falsches Signal setzen könnte.

Hamburg. Mit Ideen möchte der Art Directors Club für Deutschland, kurz ADC, vom 14. bis 18. Mai seine "Republik Neuland" besiedeln. Realer Ort dieses Projekts, das einen Kongress, eine Ausstellung und einen Nachwuchstag beinhaltet, ist das Oberhafenquartier in Hamburg. Und die Werbe- und Marketingexperten haben sich für ihren Kreativstaat bereits extra eine Verfassung ausgedacht. In Artikel 11 heißt es: "In Neuland herrscht Freiheit der Meinung, des Denkens und Redens." Die Schieflage an der Sache ist nur: Auf dem Areal, das etwa einen Kilometer Luftlinie vom Hamburger Hauptbahnhof entfernt liegt, praktizieren Menschen bereits seit Jahren eben jene Freiheit. Vielmehr noch: Sie setzen ihre Ideen um, in Kunst etwa, und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Gebiets. Vor zwei Jahren haben sich diese Designer, Künstler, Musiker, Medienmanager, Gastronomen und Städteplaner zu dem Verein Oberhafen zusammengeschlossen.

"Wir sind nicht hundertprozentig dafür und nicht hundertprozentig dagegen, dass der ADC seine Veranstaltung bei uns durchführt. Aber es geht darum, den richtigen Weg zu finden", sagt Vereinsvorstand Sebastian Libbert. Dem Unternehmer stößt bitter auf, dass sich der ADC zunächst über jene hinweggesetzt habe, die vor Ort bereits Aufbauarbeit geleistet haben. "Die können nicht so tun, als würden sie jetzt den Oberhafen wach küssen", erklärt er.

Angesprochen auf dieses Missverhältnis habe der ADC sofort Gesprächsbereitschaft signalisiert. Eine Diskussionsrunde am 25. Februar soll nun weitere Sensibilität schaffen. "Was tut der ADC und die vom ADC ausgerufene 'Republik Neuland' für Hamburg - für den Oberhafen?" lautet eine von vielen Fragen, die Libbert auf dem Podium in der Oberhafen-Galerie mit Stefan Preussler (ADC), Cedric Ebener von der Agentur CE+CO sowie mit Vertretern der Stadt sowie der Kreativ- und Kulturbranche klären möchte. Des Weiteren sollen im Gespräch auch die "ökonomischen Rahmendaten" erörtert werden.

Das ADC-Festival wird mit 150.000 Euro aus den Einnahmen der Kulturtaxe unterstützt. Welche Fachbehörde diese Summe beantragte und warum, dem möchte Christa Goetsch (Grüne) nun mit einer kleinen Anfrage an den Hamburger Senat nachgehen. Auch weitere Fragen der Bürgerschaftsabgeordneten zielen darauf ab, die Rolle der Stadt in dem Prozess transparenter zu machen. Die Tatsache, dass der Ort nun vom ADC "gebrandet", also mit dem Titel "Republik Neuland" als Marke aufgeladen wird, soll erläutert werden. "Wie beurteilt der Senat die Aktivitäten und die Rolle des ADC im Rahmen der strategischen Entwicklung des Oberhafenquartiers?", möchte Goetsch wissen.

Das Gelände, das circa sechseinhalb Hektar misst und auf dem mehrere große Schuppen stehen, möchte der Eigentümer, die HafenCity GmbH, langfristig als "Kultur- und Kreativquartier" ausbauen. Da entstehen mitunter Diskrepanzen um die Deutungshoheit. Und Libbert, dessen Verein einen "lebendigen, lernenden, eigenständigen, wirtschaftlich sich weitgehend selbst tragenden und natürlich wachsenden Stadtteil" entwickeln will, sorgt sich vor allem um das Signal, das der ADC-Auftritt aussenden könnte.

"So ein Event weckt Begehrlichkeiten und könnte den Gentrifizierungsmotor in Gang setzen", sagt Libbert. Seine Philosophie, eine rasante Aufwertung des Quartiers zu vermeiden, dürfte Artikel 9 der "Neuland"-Verfassung entgegenstehen: "Kreativität verpflichtet. Kreative haben Ideen so zu entwickeln, zu präsentieren und zu verwirklichen, dass sie ihre größtmögliche Wirkung erzielen."

Diskussion Mo 25.2., 18.00, Oberhafen-Galerie, Stockmeyerstraße 39, Anmeldung unter: info@oberhafen-ev.de; www.oberhafen-ev.de