Intendant Bellut steht unter Druck, weil sein Vorgänger in den vergangenen Jahren drei Digitalkanäle aufbaute, statt Personal einzusparen.

Hamburg. Als Markus Schächter im März dieses Jahres seinen Posten als ZDF-Intendant aufgab, wurden sie in Mainz nicht müde, die Verdienste des Pfälzers zu preisen. Besonders gerühmt wurden seine Anstrengungen, den einstigen "Ein-Kanal-Sender" ZDF "zu einer multimedialen Senderfamilie" auszubauen, "um sich in einem der wettbewerbsstärksten Medienmärkte zu behaupten". So ist es noch heute in einem Lebenslauf Schächters nachzulesen, der auf ZDF.de zum Abruf bereitsteht.

Und es ist ja auch richtig: Weil aus dem ZDFinfokanal der vollwertige Nachrichtensender ZDFinfo wurde, sich der verstaubte ZDFtheaterkanal über Nacht in das aufregende ZDFkultur verwandelte und aus dem Nichts mit ZDFneo ein attraktiver Sender für halbwegs junge Zielgruppen entstand, galt das Zweite plötzlich als hochmoderne öffentlich-rechtliche Anstalt.

Doch Schächters Digitaloffensive hatte einen hohen Preis. Sie ist der eigentliche Grund dafür, dass sein Nachfolger Thomas Bellut nun bis zu 400 Stellen abbauen muss, weshalb wiederum der ZDF-Personalrat in einer Pressemeldung vom Montag dieser Woche nicht nur den Programmauftrag des Senders, sondern auch seinen Betriebsfrieden gefährdet sah.

Im Prinzip begann die ganze Misere so: In ihrem 16. Bericht hatte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) 2008 festgestellt, dass die Personalaufwendungen von ARD und ZDF zu hoch waren. Sie fordert die ARD auf, ihren Personaletat um 50 Millionen Euro zu kürzen. Das ZDF sollte seine Ausgaben für die Belegschaft um 18 Millionen senken. Für die Sender offenbar kein Problem: Das ZDF kündigte in einem Zwischenbericht gar an, das Sparziel noch übertreffen zu wollen. Doch während die ARD immerhin 40 Millionen der verlangten 50 Millionen Euro einsparte, erhöhte das Zweite sogar noch seinen Personaletat.

Grund dafür waren die Personalaufwendungen für ZDFneo, ZDFkultur und ZDFinfo. Offenbar ging Schächter davon aus, dass die KEF schon beide Augen zudrücken würde. Schließlich hatte das Zweite beim Aufbau von Phoenix, Arte und KiKA den Finanzkontrolleuren auch keinen zusätzlichen Personalbedarf gemeldet und dennoch neue Stellen geschaffen. Doch damals war das ZDF - im Gegensatz zur heutigen Situation - vor dem Start seiner Tochterkanäle auch nicht zu einem klar definierten Personalabbau aufgefordert worden.

So steht Intendant Bellut heute vor der unangenehmen Aufgabe, den Personaletat nicht nur um 18 Millionen, sondern um 75 Millionen Euro absenken zu müssen - und zwar bis 2016. Was Schächters Erblast für das ZDF konkret bedeutet, stand bis vor Kurzem noch gar nicht fest. Als Ende 2011 die Geschichte durchsickerte, hoffte man, im Sender noch mit dem Abbau von 250 Stellen auszukommen. Im Frühjahr, als Bellut Schächter ablöste, waren es bereits 300 Stellen. Seit vergangener Woche ist klar, dass der Personalabbau bis zu 400 Vollzeitstellen kosten kann.

Er wird vor allem freie Mitarbeiter treffen. Zwar müssen bei den Festangestellten 30 Millionen Euro eingespart werden. Doch das soll über einen Einstellungsstopp und ein Vorruhestandsprogramm erreicht werden. 45 Millionen Euro sollen dadurch eingespart werden, dass künftig weniger Freie für das ZDF arbeiten.

Das Sparvorhaben wirkt sich schon seit einiger Zeit auf das TV-Programm des Zweiten aus: Bereits im Juni wurden die Sendungen "Nachtstudio" und "Blickpunkt" eingestellt. Im September ereilte das Magazin "Marker" auf ZDFkultur der Exitus. Und demnächst soll das "ZDFwochenjournal" das Zeitliche segnen. Teil des Sparprogramms ist zudem die Zusammenlegung kleinerer redaktioneller Einheiten zu sogenannten Plattformredaktionen.

So geht beispielsweise die Redaktion von "Aspekte" in einer großen, in Berlin ansässigen Kulturredaktion auf. Dem Eindruck, dass von den Sparmaßnahmen vor allem Informationsprogramme betroffen sind, widerspricht ein Sendersprecher. Das Sparprogramm werde in allen ZDF-Abteilungen umgesetzt, sagt er.

Die betroffenen Mitarbeiter wird das kaum trösten. Wie viele insgesamt ihren Job verlieren, vermag der Sprecher nicht zu sagen. Da es im ZDF zahlreiche Teilzeitbeschäftigte gibt, ist die Zahl der Mitarbeiter, die gehen müssen, nicht mit der Zahl der abgebauten Stellen identisch.