Ólafur Arnalds und Nils Frahm inszenierten in den Fliegenden Bauten auf bezaubernde Weise ihre ganz eigene Vorstellung von moderner Klassik.

Hamburg. Als die letzten Töne der Klaviere von Ólafur Arnalds und Nils Frahm in den Fliegenden Bauten zögernd verstummen, braucht das Publikum einen Moment, bevor es sich wieder in Raum und Zeit orientieren kann. Es ist, als kröchen die Töne behutsam in ihre Höhle der Stille zurück und erwachten die Zuschauer aus einem wundervollen Schlaf, der neue Klarheit verspricht und in Jubel mündet.

Es ist beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit die beiden jungen Männer ihre ganz eigene Vorstellung von moderner Klassik so erfolgreich inszenieren. Im Rahmen der Tour zum fünften Jubiläum des in London und Berlin ansässigen Labels Erased Tapes tritt neben dem gebürtigen Hamburger Nils Frahm und dem Isländer Ólafur Arnalds die Formation A Winged Victory For The Sullen um den amerikanischen Pianisten Dustin O'Halloran auf. Ein Streicherquartett erschafft riesige Klangräume, während aus den Verstärkern der Gitarre ein wuchtiges Feedback erklingt, um die Klassik elektrisch zu untermauern.

Auch Ólafur Arnalds wird von Streichern begleitet. Die intime Beleuchtung in den Fliegenden Bauten wirft den Schatten eines großgewachsenen Violinisten überdimensional an die Zeltwand - nur einer der Faktoren, die den Auftritt des im Vorprogramm von Sigur Rós berühmt gewordenen Multi-Instrumentalisten so fühlbar machen.

Als Nils Frahm die Bühne betritt, merkt man sofort, dass er ein Heimspiel in Hamburg hat: Er scherzt, lacht und experimentiert. Der 30-jährige Pianist klopft sachte mit Filz-Drumsticks auf die Saiten des Klaviers, überführt danach berührende Melodiebögen in einen hämmernden Rhythmus, um dann an zwei im 90-Grad-Winkel positionierten Klavieren gleichzeitig zu spielen und im Anschluss das Konzert gemeinsam mit Arnalds am Klavier zu beenden. Während das Publikum langsam aus dem Sog der Musik wieder zurück in die Welt findet, wird klar, dass die Künstler des Labels Erased Tapes zu den spannendsten Veröffentlichungen dieser Zeit zählen.