Das Autorenduo Voosen/Danielsson hat ein starkes Debüt vorgelegt. Am 31. Oktober lesen beide beim Krimifestival auf Kampnagel.

Hamburg. Können deutsche Autoren einen Kriminalroman schreiben, der nicht nur in Skandinavien spielt, sondern zudem noch glaubwürdig ist in den Figuren, den Milieuschilderungen und den Handlungsorten? Jan Costin Wagner, ein gebürtiger Hesse, kann das mit seinem finnischen Kommissar Kimmo Joentaa. Wagner lebt allerdings auch die Hälfte des Jahres in Finnland.

Roman Voosen, gebürtiger Papenburger, kann das ebenfalls. Wenngleich nicht allein. Als Voosen während des Schreibens "Authentizitätsprobleme" bekam, wie er es nennt, sprang ihm seine Freundin Kerstin Signe Danielsson, aus der Nähe von Växjö stammende Schwedin, zur Seite. Was schließlich dabei herauskam, nannten die beiden seit einigen Jahren in Hamburg lebenden Autoren "Später Frost" - ihr Kriminalromandebüt, ein klassischer Schwedenkrimi, ein äußerst gelungener zudem. Am 31. Oktober liest das Duo mit Arne Dahl und Helene Tursten beim Hamburger Krimifestival auf Kampnagel.

Voosen/Danielsson, wie sie sich auf dem Buchcover nennen, sind ein in diesen digitalen Zeiten ungewöhnliches Autorenduo. "Wir haben uns eigentlich beim Schreiben kennengelernt, beim Briefeschreiben", erzählt Roman Voosen im kleinen, nach nordischer Art eingerichteten Café Osterdeich in Eimsbüttel. "Es ist so eine Art klassischer Brieffreundschaft gewesen. Wir haben uns vor sechs Jahren kennengelernt und in den ersten Monaten einander geschrieben, bevor wir uns das erste Mal getroffen haben."

Es war nicht die Liebe zum Kriminalroman, die anfangs beide einte. "Ich lese auch deshalb nicht so gern Krimis", sagt Danielsson, "weil es darin zu viele alte Männer gibt." Alte Männer wie Mankells Wallander etwa, depressive Daunenjackenträger, die der Kälte des Lebens manchmal müde sind. "Deshalb wollten wir zwei Frauen haben, die zwei unterschiedliche Typen repräsentieren." Voosen, seit mehr als 15 Jahren Krimileser, nickt.

Frauen wie die immer überlegt handelnde Ingrid Nyström und die zur Spontaneität neigende Stina Forss, eine Deutsche mit schwedischen Wurzeln, die sich von Berlin aus nach Växjö hat versetzen lassen. In ihrem ersten Fall bekommen sie es dann aber doch mit einem alten Mann zu tun. Balthasar Frost, ein hochbetagter Engländer und weltweit renommierter Insektenforscher, ist auf grausame Weise ermordet worden, verätzt und verstümmelt liegt er in seinem smaländischen Gewächshaus. Ein höchst rätselhafter Fall, denn weit und breit ist kein Motiv für die Tat in Sicht. Voosen/Danielsson, die sich beide in der Tradition des sozialkritischen Schwedenkrimis nach Art von Sjöwall/Wahlöö sehen (vielleicht auch deshalb der Schrägstrich zwischen ihren Namen?), legen ihre Spuren weit zurück in die schwedische Geschichte.

Der Mord 1948 an Graf Folke Bernadotte, dem ersten Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina, diente ihnen dabei als Matrix ihrer Geschichte, in die sie viel hineingelegt haben: einen Vater-Tochter-Konflikt, die Hatz auf Schwule im Schweden der 50er-Jahre, der historische Griff auf die Nachkriegsjahre. Doch all das wird am raffinierten Ende schlüssig zusammengeführt. Ein insofern schon erstaunliches Debüt.

Die schwedische Blockhausidylle zu zeigen, wie dies etwa Camilla Läckberg macht, war nicht ihr Anliegen. "Für mich war Schweden nie dieser Ort der Sehnsucht, wie es das Land offenbar für viele Deutsche ist", erzählt Danielsson. "Ich habe in meiner Kindheit ein ganz anderes Schweden erlebt, ein vom Alltag geprägtes Land, in dem es ein halbes Jahr lang dunkel ist." Da war es für sie "wie eine Befreiung in eine Großstadt wie Hamburg" zu kommen.

Hier arbeiten beide als Lehrer - sie am Kaifu-Gymnasium, er an der Goetheschule in Harburg -, und hier werden beide auch weitere Kriminalromane mit ihren weiblichen Ermittlern schreiben. "Es gab nie eine Alternative dazu, den ersten Krimi anderswo als in Schweden spielen zu lassen", sagt Kerstin Signe Danielsson, die Deutschlehrerin aus Växjö. Roman Voosen sieht das genauso. Die Authentizitätsprobleme sind längst überwunden.

Voosen/Danielsson: "Später Frost" KiWi Paperback, 354 Seiten, 9,99 Euro.

Schwedische Nacht: Die Autoren lesen am 31. Oktober, 20 Uhr, mit Arne Dahl und Helene Tursten beim Hamburger Krimifestival auf Kampnagel. Karten gibt es in den Heymann-Buchhandlungen, den Abendblatt-Ticketshops und unter der HA-Ticket-Hotline: T. 040/30 30 98 98; alle Infos im Internet: www.krimifestival-hamburg.de