Der südkoreanische Regisseur Kim Ki-duk wurde im Ramen des Filmfestes in Hamburg mit Douglas-Sirk-Preis 2012 ausgezeichnet.

Hamburg. Die "Pietà" (ital. Mitleid) von Michelangelo verbindet in der Darstellung der um Jesus trauernden Gottesmutter klassische Schönheit und Naturalismus. Wie das Meisterwerk der Bildhauerkunst vermählt auch der gleichnamige Film von Kim Ki-duk, jenes großen unerbittlichen Realisten des asiatischen Kinos, auf einzigartige Weise Gewalt und Schönheit.

Mit gewohnter Zurückhaltung, Demut und scheuem Lächeln nahm der südkoreanische Regisseur, der in diesem Jahr schon den Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig erhalten hatte, gestern vor der Aufführung im Cinemaxx am Dammtor den Douglas-Sirk-Preis 2012 entgegen. Statt einer Dankesrede sang er ein traditionelles koreanisches Lied. Dieser Film hätte auch dem Namensgeber des Preises, dem in Hamburg geborenen und später in Hollywood wirkenden Filmemacher und König des Melodrams, gefallen, so Filmfestchef Albert Wiederspiel.

Und der Schriftsteller Feridun Zaimoglu würdigte Kim Ki-duk wortgewaltig in seiner Laudatio: "Der Meister des toxischen Realismus hat einen Film zum Lobe der Frauen gemacht. Als Antinihilist weiß er: Das Nichts ist die Abwesenheit von etwas Besserem, und also schenkt er uns Hoffnung." Die hohe Kunst des Kim Ki-duk, für viele ist sie eine Grenzüberschreitung. Seine Figuren erleiden viel und erhoffen wenig. Auch in "Pietà" finden sich schwer verdauliche Szenen. Gewalt und Schmerz sind die mächtigsten Metaphern des Regisseurs. Wer bei der Preisverleihung durchhielt, sah ein Meisterwerk, aus dessen Bildern Weisheit über Schuld und Sühne spricht - in eisigen Bildern.

"Pietà" erzählt von einem brutalen Schuldeneintreiber, der eine späte Läuterung erfährt, als er Besuch von einer Frau erhält, die behauptet, seine Mutter zu sein. Schweigsam und groß vollzieht Hauptdarsteller Lee Jung-jin diese innere Wandlung, die am Ende von einem kraftvollen Twist gekrönt wird. Hinter der Geschichte geht es um einen kaltherzigen Kapitalismus, dessen rotierende Räder den Einzelnen zu zermalmen drohen. Die Verlierer der Ausbeutung, es sind Werkstattbesitzer, die um ihre karge Existenz kämpfen.

Schon in den früheren, vielfach mit Preisen dekorierten Filmen Kim Ki-duks, dem obsessiven Liebesdrama "Seom - Die Insel" (2000), dem Meister-Schüler-Film "Frühling, Sommer, Herbst, Winter...und Frühling" (2003) oder der Liebestragödie "Bin-jip" (2004), quälen sich seine Figuren mit Ängsten und Schuldgefühlen, erleiden und verursachen physische Misshandlung, ringen um Vergebung. Ja, das hätte auch Douglas Sirk gefallen.