Ab Freitag läuft die kleine, aber feine Ausstellung “Paula und die Anderen“ im Altonaer Museum. Kinderkunst ist kein nettes Accessosire.

Kinderbuchhaus. Kunst für Kinder - daran haftet bis heute der Ruch des Kunstgewerblichen, Zweitrangigen. Ob Theater oder Literatur, kaum ein Künstler, der sich an Kinder wendet, kann von dieser Arbeit leben. Daran können auch all die Leseförderungsprogramme und Musikvermittlungsinitiativen nichts ändern, die sich Politiker und Veranstalter so gern auf die Fahnen schreiben.

Doch Kunst für Kinder ist nicht niedlich, kein nettes Accessoire. Sie hat dieselbe Dringlichkeit und muss sich an genauso ästhetischen Maßstäben messen lassen wie die für "Große". Den Beweis tritt die kleine, feine Ausstellung "Paula und die Anderen" an, die ab Freitag im Kinderbuchhaus im Altonaer Museum zu sehen ist.

Im Fokus der Ausstellung stehen - ganz schlicht - Mädchen. Welches Mädchenbild zeigt sich in den heutigen Kinderbüchern? "Wenn man schon so lange schreibt wie ich, fällt natürlich auf, wie sehr sich die Mädchenfiguren in der Kinderliteratur im Text wie in der Illustration in den letzten Jahrzehnten entwickelt und ausdifferenziert haben", sagt die Kinderbuchautorin Kirsten Boie, die bei der Ausstellungseröffnung lesen wird. "Inzwischen dürfen Mädchen ganz selbstverständlich nicht nur alles, was früher nur die Jungs durften, sie dürfen sogar wieder, was früher nur die Mädchen durften. Und vor allem, sie dürfen beides zusammen!"

So finden sich auf den Zeichnungen keine rosa glitzernden Barbies oder Lillifees, sondern Kinder mit Persönlichkeit, wie im echten Leben. Florentine etwa kämpft mit ihrem "Schwi-Schwa-Schweinehund", so der Titel des Buchs von Karoline Kehr, und benimmt sich dabei nicht besonders nett. Und die namenlose "Kleine" in Peter Schössows "Gehört das so??! Die Geschichte von Elvis" begegnet uns als widerborstiges, uncharmantes Bündel. Bis sich herausstellt, dass sie auf ihre grantelige Weise ihren Freund Elvis betrauert, den Kanarienvogel. Der wird dann gleich an Ort und Stelle beerdigt.

Ob Trennung der Eltern oder kreativer Ungehorsam - kein Thema ist so groß oder schwer, als dass es Kinder nicht anginge. Das ist eine der Erkenntnisse, die der Besucher aus der Ausstellung mitnimmt, und es ist beglückend zu erleben, wie ernst Illustratoren und Autoren ihr junges Publikum nehmen, indem sie ihnen diese Themen zumuten und sie altersgerecht verhandeln. Doch wie im Leben geht es natürlich auch in den Büchern keinesfalls nur traurig zu. "Hauptsache, es wird kein Hund", kontert ein werdender Vater im gleichnamigen Buch von Katja Kamm (Zeichnungen) und Martin Baltscheit (Text) die immergleiche Frage, was "es" denn werde - was die kleine Tochter zum Anlass für haarsträubend komische Zukunftsvisionen nimmt. Warum eigentlich kein Hund als Familienzuwachs?

Die Ausstellung erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. "Hamburg ist die Bilderbuchhauptstadt Deutschlands", sagt die Kuratorin Dagmar Gausmann-Läpple. "Das weiß nur keiner. Man muss es hinausposaunen." Schon durch die große Tradition der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, aber auch im Gefolge der zahlreichen Verlage und Medienhäuser ist die Landschaft an Bilderbuchkünstlern reich. Von den unzähligen Hamburger Illustratoren sind acht vertreten, darunter Stars der Szene wie Sabine Wilharm, die den deutschen Harry Potter entwickelt hat, oder Ole Könnecke. Als Auswärtige ist die Leipzigerin Yvonne Kuschel, bekannt geworden als politische Zeichnerin, mit ihrem ersten Kinderbuch "Lilli, machst du Quatsch?" dabei.

Das Hohelied der Fantasie singen sie alle: Jedes Buch entwirft eine eigene Welt mit ihrer eigenen immanenten Logik, ohne dass man je an billige Fantasy-Geschichten dächte. Viele Künstler verwenden noch altmeisterliche Techniken - und jeder entwickelt daraus seinen eigenen Stil. In Vitrinen werden die oft hoch aufwendigen bis kauzigen Verfahren erläutert: Claudia Carls etwa hat für ihr Märchenbuch "Der verzauberte Topf" (Text: Carl und Theodor Colshorn) delikate Figuren modelliert, bemalt und Szenen arrangiert. Davon hat sie Bleistiftzeichnungen angefertigt, diese eingescannt und schließlich am Computer koloriert.

So viel Zeit muss man sich nehmen wollen - das Ergebnis spricht für sich.

"Paula und die Anderen" ab Fr 31.8., täglich außer Mo 10.00-17.00, Kinderbuchhaus im Altonaer Museum (S Altona), Museumstraße 23. Eintritt frei für Kinder bis 17 Jahren; Erwachsene zahlen den Eintrittspreis des Altonaer Museums. Infos unter T. 42 81 35 15 43; Internet: www.kinderbuchhaus.de