Der Hamburger Soulbruder Stefan Gwildis nahm sich im ausverkauften Hamburger Stadtpark 150 lange Minuten Zeit für seine 4500 Fans.

Hamburg. "Seid ihr alle mit euren Eltern da?", wundert sich Stefan Gwildis , als er am Sonnabend im ausverkauften Stadtpark wie ein Storch im Salat vorsichtig über das Grün am Bühnenrand stakst. Nur ein falscher Schritt, und er liegt mit seinem Anzug ("mein guter Smoking von Policke") auf der Nase. Denn um ihn herum, auf der ganzen Länge des Fotograbens, lümmeln Dutzende kleine Mädchen und winken kleine Lümmel. Dahinter - aus Gwildis-Sicht - drängen sich knapp 4400 Eltern, die des Parkplatz-Getümmels an der Saarlandsraße und der entspannten Lage an den Bierständen nach zu urteilen wohl alle mit dem Auto gekommen sind. Die Behörden freut es, sie füllen mit Zettelbergen das Staatssäckel.

Ja, für einige wird es teuer an diesem Wochenende, aber aus musikalischer Sicht lohnt es sich. Denn Gwildis, die Barmbeker und Bramfelder Antwort sowohl auf George Clooney als auch auf George Clinton, fühlt "Spiel das Lied in dir", und die Lieder in ihm sind mehr als 20 an der Zahl. "Wer loslässt, hat die Hände frei", "Du bist wieder da", "Wenn die Flut kommt" - die neunköpfige Band inklusive Gastsängerin Regy Clasen hat viel zu tun an diesem "erstaunlich sonnigen Novembertag" , und so geht es 150 Minuten lang "Durch die Nacht".

Wie bei seinem klatschnassen Konzert vor zwei Jahren an gleicher Stelle wechseln sich Eigenkompositionen mit eingedeutschten Motown-Klassikern. So können auch Neueinsteiger zumindest "Allen Anschein nach bist du's" ("Ain't No Sunshine"), "Schön, schön, schön" ("Chain Of Fools"), "Tanzen übern Kiez" ("Dancing In The Street") oder "Wir haben doch jeden Berg geschafft" ("Ain't No Mountain High Enough") mitsummen oder - in der Kinderreihe - fröhlich ins Mikro krakeelen. Die Band funkt, soult, bluest und rockt dabei derart abgezockt, dass sie sich nicht nur mehrere Saxofon-, Bass- und Schlagzeug-Soloeinlagen verdient, sondern auch eine mehrfache Komplettvorstellung.

Neu im Programm ist übrigens der Jazz. Im kommenden Frühjahr veröffentlicht Stefan Gwildis ein Album mit der NDR Bigband, und der Anschmecker zeigt, wohin die Reise gehen wird: Aus dem Musical-Klassiker "My Funny Valentine", Jazz-standarisiert durch Miles Davis, wird "Das mit dem Glücklichsein". Neuer Stil, alte Masche.

Dabei reicht schon der Soul für einen langen Abend. Bei "Sie ist so süß (wenn sie da liegt und schläft)" fällt schon manches junge Äuglein zu, und nach dem finalen "Lass ma' ruhig den Hut auf" ist es schon zehn nach zehn. Aber das Ordnungsamt stellt den Strom nicht ab. Die Staatsdiener sind nämlich noch anderswo beschäftigt.