Das Sommerfestival, das zum letzten Mal von Matthias von Hartz geleitet wird, präsentiert Internationales aus Tanz, Theater - und Musik.

Wenn schon kein richtiger Sommer in Hamburg, dann immerhin ein Sommerfestival. Darauf ist Verlass. Auf Hochkarätiges, Erhebendes, manchmal auch Unerhörtes. Die diesjährige Ausgabe des Internationalen Sommerfestivals Hamburg ist die fünfte und letzte unter Leiter Matthias von Hartz, der dem Festival Besucherzuwächse, eine gesteigerte internationale Bedeutung und ein geschärftes politisches Profil gebracht hat. Sein letztes soll nach eigener Aussage auch sein schönstes werden. Und schön war es die vergangenen Jahre ja schon. Grund genug, sich wieder ohne Netz und doppelten Boden in die aufregende Begegnung mit aktueller Kunst aus Theater, Tanz, Installation und Theorie zu stürzen, fünf von ihnen als deutsche Erstaufführung, eine als Koproduktion.

+++ Von Hartz hat Vertrauen in das Hamburger Publikum +++

"Grenzen des Wachstums" lautet der politische Schwerpunkt in diesem Jahr. Anlass für Schorsch Kamerun und Fabian Hinrichs, am 9.8. (21 Uhr) zu einer Hafenkonzertrundfahrt über Wachstumsgrenzen zu laden (Landungsbrücken, Brücke 6-9). Die Dokumentartheaterexperten von Rimini Protokoll blicken mit "Prometheus in Athen" (16.8./17.8., jew. 21 Uhr) und das Hamburger Performance-Kollektiv Schwabinggrad Ballett mit einem Camp "Platz der unbilligen Lösungen" (ab 16.8., 16 Uhr) im Park Fiction auf die Krise in Hellas. Hinzu kommt ein Marathon-Tag mit elf Perspektiven zum Thema Wachstum unter dem Titel "Ausgewachsen" (18.8., ab 16 Uhr).

Politische Aspekte prägen auch die internationale Kunst, wenn der ungarische Regisseur Arpád Schilling und seine Kompanie Krétakör in "Die Priesterin" (9.8. und 11.8., jew. 21 Uhr, 10.8., 20 Uhr) gegensätzliche Erziehungsmodelle vor dem Hintergrund einer engstirnigen ungarischen Dorfgesellschaft und ihres Umgangs mit der Roma-Minderheit konfrontieren. Oder die argentinische Theatermacherin Lola Arias in "Melancholie und Protest" (10. bis 12.8., 20 Uhr) die mentale Krankheit ihrer Mutter mit sozialem Aufbegehren kurzschließt. Mit Wahrnehmungsprinzipien spielen Lundahl & Seitl in "Symphony of a Missing Room" (11.8. bis 19.8.) zu diversen Zeiten in der Kunsthalle (Anmeldung: T. 27 09 49 49).

+++ Sommerfestival zeigt Projekte zum Wachstum +++

Von Anfang an genügte es von Hartz nicht, Kunst nur um der Kunst willen zu präsentieren. Auch das Tanztheater verspricht formale Radikalität. Der französische Choreograf Boris Charmatz und sein Musée de la Danse in Rennes lieferten mit "Enfant" die Entdeckung des vergangenen Jahres. Diesmal zeigt er mit der deutschen Erstaufführung von "Levée des conflits" (9. bis 11.8., jew. 21 Uhr) erneut eine bestechend elegante Arbeit. 24 Tänzerinnen und Tänzer bilden eine sich stetig wandelnde Bewegungsplastik.

Als eine der richtungsweisenden Choreografinnen der Gegenwart gilt die Belgierin Anne Teresa de Keersmaeker mit ihrer Kompanie Rosas. In ihrem rekonstruierten Frühwerk "Elena's Aria" (17. und 18.8., jew. 21 Uhr, 19.8., 20 Uhr) tanzt sie diesmal auch selbst. Für Fans des New Yorker Nature Theater of Oklahoma folgen die Episoden 3 und 4 der auf "Unsere kleine Farm"-Serienlänge angedachten Alltags-Saga aus der amerikanischen Provinz: "Life and Times" (23./24.8., jew. 20 Uhr, 25.8., 19 Uhr).

Eine eigene Musiksparte ist seit jeher Teil des Festivals. Die ist ansehnlich besetzt mit dem glamourösen Dunkelpop der Britin Gemma Ray (9.8., 22 Uhr), mit Salsa-Veteran Eddie Palmieri (12.8., 21 Uhr) samt großem Orchester und der New Yorker Hip-Hop-Rebellin Santigold (15.8., 21 Uhr). Irie Révoltés (14.8., 21 Uhr) lässt das Protestlied wiederaufleben. Megafaun & Damien Jurado (10.8., 22 Uhr) huldigen dem Trend des Neo-Folk, King Midas Sound (17.8., 22 Uhr) dem des Dubstep und Soul, und Tonia Reeh spielt mit Barbara Morgenstern (11.8., 22 Uhr) vierhändig an zwei Flügeln. Es ist mal wieder Zeit für grenzenlos gute Kunst.

Internationales Sommerfestival Hamburg 2012 Do 9.-Sa 25.8., Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestr. 20-24, Karten zu 8,- bis 36,- unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de

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