“Prometheus“ ist ein moderner Mythos über unser Dasein

Als "Weißer Hai im Weltall" wurde "Alien" 1979 vermarktet. Und Regisseur Ridley Scott schuf mit seiner subtilen Melange von Science-Fiction und Horror einen Meilenstein. Mit "Prometheus" bringt der 74-Jährige nun nicht nur eine x-beliebige Vorgeschichte ins Kino, die seine Bildsprache von damals reproduziert, wie manche Kritiker behaupten. Er fügt vielmehr ästhetisch und inhaltlich wichtige Ebenen hinzu.

Scott verhandelt aktuell nicht weniger als die zentralen Fragen der Menschheit: Woher kommen wir? Woran glauben wir? Die Kontroverse zwischen Forschung und Religion verkörpert die Wissenschaftlerin Elizabeth Shaw (Noomi Rapace), die Inschriften verschiedener Epochen als außerirdische Zeichen deutet und zu einer gesponserten Mission ins All startet.

Mit dieser Figur setzt Scott seine Reihe starker Leinwand-Frauen nicht nur fort. Er verlagert den Kampf, der in "Alien" noch gegen das äußere Monster geführt wurde, zudem ins Innere der Heldin. Während bei Ripley (Sigourney Weaver) in "Alien 3" die Geburt des fremden Wesens noch mit dem Tod gleichgesetzt wurde, operiert Shaw sich das in ihr wachsende Geschöpf selbst heraus. Eine wunderbare Metapher. Nicht nur für Selbstbestimmung, sondern vor allem für den Kampf mit persönlichen Konflikten und Dämonen.

Zudem wird mit den Figuren des Androiden David (fantastisch feiner Humor: Michael Fassbender) und seines Schöpfers Peter Weyland (Guy Pearce) dem auf das Mutter-Tochter-Thema fixierte "Alien"-Epos eine Art Vater-Sohn-Beziehung hinzugefügt.

Viel zentraler ist in "Prometheus" jedoch die stilistische Dimension: Scott war immer schon ein Filmemacher, der hauptsächlich atmosphärisch erzählt. In "Alien" erzeugte er die Spannung über den Einsatz von Licht (und dessen Abwesenheit). Nun ergänzt er sein perfektes Hell-Dunkel-Spiel durch die 3-D-Technik. Der Film geht im wahrsten Sinne des Wortes in die Tiefe: Wenn die Forscher die Höhlengänge des unbekannten Planeten erkunden, wenn sie Meter um Meter ins Innere (!) vordringen, scheint es, als laufe da der Mensch durch seine eigene Psyche, sein Unterbewusstsein. Die hellen und eleganten Kontrollräume des Raumschiffs, das steuernde Über-Ich, versagen bald.

Eindringlich vermittelt Scott dem Zuschauer das Gefühl, dass nie gänzlich Licht in das Dunkel unserer Existenz gebracht werden kann - und soll. Ein moderner Mythos. Ein Meisterwerk.

Bewertung: überragend

"Prometheus - Dunkle Zeichen" USA 2012, 124 Min., ab 16 Jahren, R: Ridley Scott, D. Michael Fassbender, Noomi Rapace, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa-Studio, Streit's (OF), Studio-KIno, UCI Mundsburg/Othmarschen/Smart-City; www.prometheus-derfilm.de