Zwischen 1900 und 1935 entstanden außergewöhnliche Architektenhäuser am Elbufer. Das Jenisch-Haus würdigt die Bauten in einer Ausstellung.

Jenisch-Haus. Anfang der 1920er-Jahre errichtete der damals noch relativ junge Architekt Karl Schneider für das Ehepaar Elise und Hermann Michaelsen ein Landhaus am Falkensteiner Elbufer, dessen Form und Gestalt so außergewöhnlich und zukunftsweisend waren, dass es bis heute als eine Ikone des Neuen Bauens gilt. Glücklicherweise ist dies Haus, das heute Elke Dröschers Puppenmuseum beherbergt, erhalten geblieben und befindet sich in hervorragendem Zustand.

Einige Kilometer weiter elbaufwärts ist zurzeit im Jenisch-Haus eine Ausstellung zu sehen, in der mit Fotografien, historischen Zeitschriftenbeiträgen, Zeichnungen und Plänen die Villenarchitektur der Elbvororte im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts vorgestellt wird. Dabei ist es nicht nur eine Architektur-, sondern zugleich eine Fotografieausstellung, denn die zwischen 1900 und 1935 am Elbufer erbauten Wohnhäuser werden ausschließlich mit Fotos gezeigt und erklärt.

Die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts waren eine Epoche der Umbrüche, die mit dem Jugendstil einsetzte und über den Expressionismus bis hin zur Bauhausarchitektur reichte. Allerdings bereiteten die Nationalsozialisten der Moderne ein jähes Ende.

Auf einer großen Karte wird dem Besucher zu Beginn der Ausstellung die enorme Zahl der damals entstandenen bürgerlichen Wohnhäuser topografisch vor Augen geführt. Gerade beim Bau privater Häuser geht es naturgemäß nicht nur um die stilistischen Auffassungen der Architekten, sondern ebenso um die Erwartungen der Bauherren. Auftraggeber wie das Ehepaar Michaelsen, die sich so konsequent zur Moderne bekannten, waren zwar selten, aber nicht einzigartig. So finden sich weitere Beispiele wie etwa das Haus Reemtsma, das Martin Elsaesser 1930 bis 1932 errichtete. Kulturgeschichtlich besonders interessant sind auch die zeitgenössischen Fotografien, die sogar die Innenarchitektur und die Ersteinrichtung der Bauherren zeigen.

So avantgardistisch wie im Haus des Hamburger Zigarettenfabrikanten sah es freilich anderswo nicht aus. Manchmal verraten die Fotos der Inneneinrichtung auch die politische Haltung des Hausbesitzers, was zum Beispiel ein auf dem Kaminsims abgestelltes Hakenkreuz zu erkennen gibt. Den modernen Bauten von Architekten wie Rudolf Lodders oder Erich Elingius stehen zahlreiche eher traditionell geprägte Häuser gegenüber, die vom Heimatstil jener Zeit beeinflusst sind. In vielen Fällen scheinen sich Architekt und Bauherr darin einig gewesen zu sein, an landschaftliche Traditionen anzuknüpfen und dennoch solide Lösungen zu finden, die funktionsgerecht und zeitgemäß waren.

Villen und Landhäuser. Bürgerliche Wohnkultur in den Elbvororten 1900-1935, Jenisch-Haus (S Klein Flottbek), Baron-Voght-Str. 50, bis 16.9., Di-So 11.00-18.00