Das Jenisch-Haus würdigt bis zum 25. November den Altonaer Landschaftsmaler Louis Gurlitt zum 200. Geburtstag mit einer Ausstellung.

Jenisch-Haus. Es gibt Landschaften, da möchte man hineinspringen und sie sich gleich erwandern. So sanft schmiegt sich der Strand an die Felsküste. Wolken türmen sich verheißungsvoll in der Morgensonne. Die großformatigen Gemälde des gebürtigen Altonaer Landschaftsmalers Louis (Heinrich Ludwig Theodor) Gurlitt wirken wie verzaubernde Idyllen. Unberührt und scheinbar auf ewig unbedroht. Die "Papiermühle am Elbstrand bei Neumühlen" (um 1830) sieht genauso verwunschen aus wie "Rosate im Sabiner Gebirge" (1854), gelegen im östlichen Latium. Ideal erscheint das Zusammenspiel aus Licht und Komposition. Von Regenwolken keine Spur.

Die Werke künden von einer Sehnsucht nach Naturerleben. Von einer manischen Besessenheit des Künstlers, ihr mit äußerster Detailliebe und feinstem Pinselstrich nahezukommen. Von einem frühen Weltenbummlertum, zu einer Zeit, in der das noch richtig beschwerlich war. 200 Jahre alt wäre Louis Gurlitt in diesem Jahr geworden. Anlass für das Altonaer Museum, im Jenisch-Haus eine große Schau einzurichten. "Louis Gurlitt. Ein Künstlerleben" verschränkt die Kunst mit der recht schillernden Vita des bekanntesten schleswig-holsteinischen Landschaftsmalers des 19. Jahrhunderts.

Die Urenkelin Louis Gurlitts initiierte die Ausstellung nach einem Besuch in Altona. Im Gepäck hatte sie ein besticktes Taschentuch der Mutter Louis Gurlitts, das nun neben deren Tagebuch in einer Vitrine ruht. Die Schau vollzieht Gurlitts Reisen nach, hat unzählige Zitate aus dem umfangreichen Briefnachlass zu Audio-Stationen zusammengefügt.

Gurlitt wuchs in Altona als eines von 17 Kindern eines Golddrahtziehermeisters auf. Nach ersten Zeichenstunden in der Altonaer Sonntagsschule ging er von 1825 an bei Siegfried Detlev Bendixen in die Lehre, später wechselte er an die Kopenhagener Akademie. Die frühen Werke des gerade mal 18-Jährigen zeigen mit ihren düsteren Farben deutliche Anleihen bei der holländischen Malerei. Doch schon hier ist die Akribie erkennbar. Früh betrieb Gurlitt umfangreiche Pleinairstudien. "Elbe bei Teufelsbrück" war ein beliebtes Motiv bei vielen Malern der Zeit. Im Vergleich mit Zeitgenossen fällt Gurlitts Meisterschaft sofort auf. Er wolle ganz ohne dramatische oder religiöse Überhöhung die "wahre Natur" einer Landschaft darstellen, "ihren Geist" erfassen, schrieb Gurlitt.

Gurlitt fühlte sich als Deutscher, obwohl Altona 1812 noch dänisch regiert war. Seine beiden ersten Ehefrauen verstarben früh. 1847 ehelicht er seine dritte Frau Elisabeth Lewald. Er war Vater von sechs Kindern. Mit Christian VIII. verband ihn eine enge Freundschaft. Der dänische König ernannte ihn zum Ritter des Dannebrog-Ordens.

Zeit seines Lebens galt Gurlitt als rastloser Künstler. Er reiste - in unbequemer Pferdekutsche - ständig von Skandinavien bis Süditalien, wechselte häufig seinen Wohnsitz, lebte in Hamburg, Kopenhagen, München, Düsseldorf, Berlin, Wien, Dresden und Steglitz. Auf seinem Sommersitz in Naundorf im Erzgebirge starb er 1897.

Seine Urenkelin hat die von ihm gemalten Landschaften bereist und mit den Werken verglichen. So manche Mär ließ sich da geraderücken. Denn viele Gemälde hießen erst einmal "In Sabiner Bergen" nach einer unwirtlichen Landschaft nördlich von Rom, in dem die Dorfhäuser wie Schwalbennester an den Bergen kleben. Eine mediterrane Landschaft wurde als Panorama von Olevano bezeichnet, später aber eindeutig als Dubrovnik entlarvt.

Ergänzt wird die Schau durch Arbeiten von Studierenden der Hochschule für bildende Künste Hamburg, die sich von Gurlitt zu einem Kabinettprojekt inspirieren ließen.

Louis Gurlitt. Ein Künstlerleben bis 25.11., Jenisch-Haus, Baron-Voght-Straße 50, Di-So 11.00-18.00; www.altonaermuseum.de