“Fast verheiratet“ ist eine Hollywoodkomödie mit Herzensintelligenz, in der Regisseur Judd Apatow erneut beweist, dass er ein Gespür für Humor hat

Auf der Silvesterparty, auf der sie sich kennenlernen, trägt er einen rosafarbenen Babystrampler mit Hasenohren, sie hat sich als Prinzessin Diana mit Flechtfrisur aufgebrezelt. Ein Wunder eigentlich, dass ein erstes Date überhaupt zustande kommt. Mehr noch: Violet (Emily Blunt) und Tom (Jason Segel) werden ein Liebespaar, Glücksgespann, nicht viel Zeit vergeht, bis er um ihre Hand anhält. Und weil dies eine Hollywoodkomödie ist, geht natürlich so ziemlich alles schief auf dem Weg zum Traualtar - genauer: Sie kommen nie dort an.

Aufschieberitis heißt das verbreitete Phänomen, das die meisten Menschen beim Müllrunterbringen, der Steuererklärung, dem Omabesuch ereilt; Violet und Tom grätscht ständig etwas in die Hochzeitsvorbereitungen: Eine andere Hochzeit, Umzug, neuer Job. Irgendwann ist die ganze Idee vom Ringtausch nur noch ein schlechter Witz - eine Garantie, durch bloßes Erwähnen des unleidigen Themas ein paar Teller durchs Haus fliegen zu lassen.

Wer die Filme von Judd Apatow kennt, Gott im Universum der Funny People, spürt sogleich, dass kein anderer Produzent hinter "Fast verheiratet" stecken kann. Das leise verschmockte Genre der Beziehungskomödie hat Apatow in Filmen wie "Beim ersten Mal" und "Jungfrau, 40, männlich, sucht ..." gehörig durcheinandergewirbelt, einen Humor zu seinem Markenzeichen gemacht, der deftig ist (selten: eklig) und trotzdem zutiefst menschlich. Jason Segel, der neben Adam Sandler und Seth Rogan zur kreativen Großfamilie gehört, die Judd Apatow in seiner Arbeit bevorzugt um sich schart, ist als Gourmetkoch Tom ein Pummelbär mit reinem Herzen, der schneller redet, als er denkt. Wie ein Hund seinem Herrchen folgt er Psychologin Violet nach Michigan, wo sie als Uni-Dozentin durchstartet, während er in einer Imbissbude Frittenfett umtopft, bis er irgendwann nur noch im Schlafanzug durchs Haus tappt.

Dass sie irgendwann mit ihrem Chef (Rhys Ifans) knutscht, einem feinsinnigen Brillenträger, der Violet Karrierechancen in rosaroten Bildern malt, ist dann fast schon folgerichtig. "Fast verheiratet", der sich mit einer Dauer von zwei Stunden keine Sekunde zu lang anfühlt, ist ein besonders gelungenes Exemplar jener Komödienspezies über Menschen, die ganz offensichtlich füreinander bestimmt sind, es aber einfach nicht hinkriegen mit der Liebe, der Beziehung, (bis sie sich am Ende natürlich trotzdem kriegen). Fern von Pupswitzen und Dumpfbackenhumor ist der Film tatsächlich komisch, vor allem aber ist er intelligent, herzensintelligent.

Wie übersteht man eine nicht enden wollende Durststrecke in einer Beziehung? Wie reagiert man, wenn der Mensch, den man geliebt hat, sich wie ein unrasiertes, stinkendes Häuflein Elend in Selbstmitleid auf dem Sofa suhlt? All das wird ernsthaft verhandelt, ohne dass der Ton des Films ins Dramatische umschlägt. Dass man aus Hochzeiten und deren Planung komisches Potenzial schlagen kann, haben schon viele Regisseure verstanden. So stimmig umgesetzt wie in "Fast verheiratet" hat man es lange nicht mehr gesehen.

Bewertung: empfehlenswert

"Fast Verheiratet" USA 2012, 124 Min., ab 12 J., R: Nicholas Stoller, D: Jason Segel, Emily Blunt, Rhys Ifans, täglich in den Cinemaxx- und UCI-Kinos, im Streit's (OF)