Stars wie Robert Pattinson spielen in David Cronenbergs neuem Film “Cosmopolis“. An diesem Donnerstag kommt er in die Kinos.

Hamburg. "Bevor ich einen Film mache, weiß ich nicht, wie er wird." David Cronenberg antwortet freundlich, doch preisgeben möchte er nicht viel. Interpretieren schon gar nicht. "Ich weiß nicht viel von Wirtschaft", behauptet er. Dabei hat der Starregisseur ("Die Fliege", "Crash") mit "Cosmopolis" gerade einen Film gedreht, in dem es um die Welt der Hochfinanz geht. Lieber bewegt er sich auf dem Terrain, von dem er etwas versteht. Welche Linse man für eine Kameraeinstellung benutzt oder wie die optimale Entfernung zwischen Kamera und seiner Hauptfigur sein muss. Und das ist immerhin der von Paparazzi gejagte Robert Pattinson.

Der junge Engländer wurde als Vampir Edward Cullen in der "Twilight"-Saga bekannt und gilt zurzeit als einer der populärsten und höchstbezahlten Schauspieler Hollywoods. Beim naheliegenden Begriff "Vampir der Wall Street" winkt Cronenberg ab. "Als ich mit Viggo Mortensen ,A History of Violence' drehte, habe ich auch nicht an seine Rolle als Aragorn in ,Der Herr der Ringe' nachgedacht."

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Doch auch ein Regie-Schwergewicht wie Cronenberg weiß, dass er seine Arbeiten ohne Stars nicht mehr an den Mann beziehungsweise den Verleih bringt. "Früher bekam man schon Geld von den Studios, wenn man ihnen das Drehbuch gezeigt hat. Heute wollen sie den fertigen Film sehen und dann entscheiden sie, ob sie ihn kaufen", sagt er. Für die männliche Hauptrolle von "Cosmopolis" war Colin Farrell vorgesehen, doch die Dreharbeiten passten nicht in seinen Zeitplan, sodass Cronenberg, der Meister des subtilen Horrors, sich nach einem anderen attraktiven Star umsehen musste. Dass Pattinson die Rolle des Börsenspekulanten Eric Packer annahm, ist für den 69-Jährigen wie ein Sechser im Lotto.

Auch der von Teenagern umschwärmte Brite profitiert von diesem Angebot, das ihm nicht die üblichen Gagen garantiert, aber auf der Suche nach einem neuen Image abseits der "Twilight"-Filme hilft. Pattinson befindet sich heute in einer ähnlichen Situation wie Leonardo DiCaprio nach dem "Titanic"-Erfolg. "Ich fand das Drehbuch spannend, das wie ein langes und geheimnisvolles Gedicht geschrieben wurde. Aber am meisten hat mich an ,Cosmopolis' die Zusammenarbeit mit David Cronenberg gereizt", sagt er.

"Cosmopolis" spielt fast ausschließlich im Inneren einer Stretch-Limousine, die durch die 47. Straße von New York rollt. Eric Packer zockt von hier aus mit dem Geld seiner Anleger, während auf der Straße Schlachten zwischen Globalisierungsgegnern und der Polizei toben.

Don DeLillos 2003 veröffentlichter Roman nimmt die kurze Zeit später einbrechende Finanzkrise prophetisch vorweg. "Cosmopolis" wirft einen schonungslosen Blick auf die gewissenlose Geldgier und Zockermentalität von Bankern und Brokern.

Packer ist ein 28 Jahre alter Multimilliardär, der jegliche Verbindung zur Welt und zu sich selbst verloren hat. Er ist unfähig zu Kommunikation, er spürt seinen Körper nicht und führt ein virtuelles Leben im gepanzerten Auto. "Es ging darum, diese Klaustrophobie aus dem Roman in Bilder zu übersetzen und zu zeigen, dass Packer in seinem eigenen Gefängnis sitzt. Er möchte in die Freiheit, aber das bedeutet für diesen Kontrollfreak, die Kontrolle abzugeben", fasst Cronenberg die Essenz von DeLillos Werk zusammen. "Cosmopolis" ist die erste Verfilmung eines Romans von DeLillo, der zu den bedeutendsten US-Schriftstellern gehört.

In Cannes fiel der Film zwar durch, Cronenberg erinnert sich trotzdem gern an die Festivaltage in Frankreich: "Mein Sohn präsentierte einen Film im Programm und meine Tochter hat dort für die ,New York Times' fotografiert. Es war ein schöner Familienausflug."