Das Erlebnismuseum BallinStadt hat sich trotz Schwierigkeiten durchgesetzt. Jetzt feiert das Auswanderermuseum sein fünfjähriges Bestehen.

Hamburg. Das Datum für die Eröffnung im Jahr 2007 war mit Bedacht gewählt worden: 4. Juli, der amerikanische Unabhängigkeitstag. Seit fünf Jahren gibt es nun das Auswanderermuseum BallinStadt auf der Elbinsel Veddel. Es erzählt die Geschichten jener fünf Millionen Menschen, die zwischen 1850 bis in die frühen 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts von genau diesem Ort in der Mitte Hamburgs aus nach Amerika ausgewandert sind. Gestern feierten die Macher ihr Jubiläum.

Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) gratulierte dem privat betriebenen Erlebnismuseum, dem die Stadt und private Sponsoren mit zwölf Millionen Euro Anschubfinanzierung auf die Beine geholfen hatten.

Kisseler erinnerte daran, wie groß die Not und die Enttäuschung derer gewesen sein muss, die ihre Heimat verließen und den beschwerlichen und zeitweise auch gefährlichen Weg in eine neue Welt, in ein neues Leben zu beginnen. "Sie gingen, weil sie es daheim nicht mehr ausgehalten haben, und sie nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand." Dabei war die amerikanische Unabhängigkeitserklärung den Auswanderern ein Versprechen, in deren Präambel es heißt, dass alle Menschen gleich seien und jeder das Recht auf Leben, Freiheit sowie das Streben nach Glück habe.

Die Kultursenatorin lobte, dass in der BallinStadt Geschichte sinnlich zu erfahren sei. "Hier hören wir die Geschichten, die die Auswanderer zurückließen und die sie in der Neuen Welt erlebten." Aber auch einen weiteren Aspekt schätzte sie hoch. Das Museum werde "wirtschaftlich auskömmlich" betrieben. "Sie ahnen, wie sehr es mich freut, dass die BallinStadt nicht von öffentlichen Geldern abhängig ist", so Kisseler. Die BallinStadt-Macher hätten zudem einen "ungelernten Museumsstandort" in Hamburg etabliert. In der Wahrnehmung vieler Hamburger liege die Veddel weit weg. "Dabei sind es nur fünf Minuten mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof."

Die amerikanische Generalkonsulin in Hamburg, Inmi Patterson, sagte, dass sie sich der BallinStadt persönlich verbunden fühle. Beide Häuser, das Auswanderermuseum und das Generalkonsulat, übrigens im Jahr 1790 die erste amerikanische Vertretung in Deutschland, zeugten von der Tiefe der transatlantischen Partnerschaft. Deutsche Auswanderer hätten die Vereinigten Staaten mit aufgebaut, ein Viertel der Amerikaner habe deutsche Wurzeln. Von den deutschen Einwanderern stammten Errungenschaften wie die Sozialversicherung, Gewerkschaften, Hochschulabschlüsse, aber auch der Weihnachtsbaum oder die Musicals am Broadway.

Auf dem Weg zu einer Erfolgsgeschichte ist auch die BallinStadt selbst. Volker Reimers, Geschäftsführer des Museums, erwartet in diesem Monat den 500 000. Besucher seit der Eröffnung vor fünf Jahren. Nach zwischenzeitlichen Schwierigkeiten laufe das Museum finanziell sehr gut. "Wir sind im guten Plus", sagte Reimers. Genaue Zahlen wollte er aber nicht nennen. "Die werden dann wieder mit etwas ins Verhältnis gesetzt, was nicht passt." Mittlerweile kommen laut Reimers rund 90 000 Besucher jährlich in die Ausstellung. Dass es insgesamt eine halbe Million sind, liege an dem überdurchschnittlich hohen Zuspruch zu Beginn.

Weit stärker als klassische Museen mit bedeutenden Sammlungen, die in Jahrzehnten gewachsen sind, setzt man auf der Veddel auf eine multimediale Erlebnisausstellung.

Aber lassen sich komplexe historische Zusammenhänge tatsächlich so vermitteln? Welches konkrete Wissen die Auswanderer mit Rückfahrkarte beim Rundgang durch die drei Hallen wirklich erwerben, ist schwer zu ermessen, aber der didaktische Ansatz, den Besucher in die Rolle eines Auswanderers schlüpfen zu lassen, ist einleuchtend und zeitgemäß. Darauf setzt man auch im hoch gelobten Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven, das mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung hatte. Und auch wenn an der Weser das Ausstellungsdesign oft noch aufwendiger und perfekter ist, werden hier wie da die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ursachen der massenhaften Auswanderung seit Mitte des 19. Jahrhunderts und die individuellen Schicksale der betroffenen Menschen mithilfe von Dokumenten, Objekten und Inszenierungen lebendig gemacht.

Die BallinStadt verfügt über drei Pavillons mit etwa 2000 Quadratmeter Grundfläche, die am originalen Standort nach historischem Vorbild rekonstruiert wurden.

Neben der Ausstellung, in der zunächst die Lage im Ursprungsland, dann die Umstände der Überfahrt und schließlich die Situation bei der Einwanderung in New York und das weitere Schicksal der Emigranten thematisiert werden, bietet das Museum auch die kostenlose Möglichkeit zur Familienforschung. Mithilfe der im Hamburger Staatsarchiv verwahrten Passagierlisten, die aufbereitet und digitalisiert wurden, können Besucher über das Portal ancestry.de recherchieren, ob eigene Verwandte einst von Hamburg aus mit dem Schiff nach Amerika ausgewandert sind.

Eine Konkurrenz zu dem Auswanderermuseum in Bremerhaven sieht Volker Reimers nicht. "Wir empfehlen jedem, auch das Deutsche Auswandererhaus zu besuchen." Aus seiner Sicht hätten die beiden Museen unterschiedliche Schwerpunkte: "Wir erzählen mehr die Geschichten auf den beiden Kontinenten, Bremerhaven eher die Geschichten der Überfahrt."