St. Petersburg. Am vergangenen Donnerstag mussten die Delegierten des Unesco-Welterbekomitees in St. Petersburg ihre Debatte über die Aufnahme weitere Stätten in die Liste des Weltkulturerbes unterbrechen, um sich mit einer aktuellen Gefährdungssituation zu beschäftigen. Aus dem Bürgerkriegsland Mali gab es alarmierende Nachrichten über Gefahren, die angesichts der Kämpfe zwischen Tuareg-Milizen und der al-Qaida-nahen Gruppe Ansar Dine den Kulturgütern in der legendären Wüstenstadt Timbuktu drohen. Daraufhin setzte die Unesco Timbuktu auf die Liste des gefährdeten Welterbes.

Zwei Tage später bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen: Wie Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Augenzeugen melden, hat die Ansar Dine nach der Einnahme von Timbuktu drei bedeutende Mausoleen islamischer Heiliger zerstört und die Verwüstung weiterer Kulturstätten angekündigt. Das ist Ausdruck eines innerislamischen Konflikts, denn bei den Mausoleen handelt es sich um Heiligtümer der Sufisten. Das ist eine mystische Strömung, bei der die Verehrung von Heiligen eine wichtige Rolle spielt. Die radikalen Islamisten lehnen diese Praxis jedoch als Gotteslästerung ab.

Die Zerstörung ist aber zugleich eine direkte Reaktion auf die Haltung der Unesco, der die Islamisten jede Verantwortung und Zuständigkeit für ihr Herrschaftsgebiet absprechen.

Inzwischen hat die Regierung in Malis Hauptstadt Bamako das Vorgehen von Ansar Dine als Kriegsverbrechen bezeichnet und "nationale und internationale Schritte" angekündigt, was folgenlos bleiben dürfte, da die Regierung die Kontrolle über den Norden längst verloren hat.