Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Im 16. Jahrhundert haben Christen während der Reformation viele unwiederbringliche christliche Kulturgüter zerstört, nur weil sie darin Zeugnisse einer scheinbar falschen Glaubensausübung sahen. An all diese zerstörten gotischen Altäre und romanischen Heiligenbilder sollten wir uns erinnern, um der Gefahr des Hochmuts zu entgehen, wenn wir voller Schauer von der Zerstörung islamischer Grabmäler in der großartigen Oasenstadt Timbuktu hören.

Fanatismus ist kein rein islamisches Phänomen, nur tritt er gegenwärtig im islamischen Kulturraum besonders zerstörerisch hervor. Das hat sich 2001 in Afghanistan gezeigt, als die Taliban die berühmten Buddhastatuen von Bamiyan zerstörten. Und jetzt richtete sich der Fanatismus der Islamisten sogar gegen Zeugnisse der eigenen Kultur. Die Unesco wird nichts dagegen ausrichten können, denn Fanatiker sind Argumenten nicht zugänglich. Aber die Zerstörungen des Weltkulturerbes in Timbuktu könnten dennoch Wirkung zeigen, vor allem im islamischen Kulturkreis. Dort entwickelt sich nämlich ein neues kulturelles Selbstbewusstsein, was zum Beispiel in der Gründung von großartigen Museen zur islamischen Kultur deutlich wird. Wenn immer mehr Moslems stolz sind auf ihre Kultur, geraten islamistische Bilderstürmer irgendwann ins Abseits. Für Timbuktu geschieht das leider zu spät.