Beat-Poet Bernd Begemann besucht morgen mit seiner Band Die Befreiung das Knust

Knust. Was wäre die Hamburger Schule ohne Bad Salzuflen? Vermutlich gäbe es sie gar nicht. Denn hier, im Kreis Detmold, sind sowohl Bernd Begemann als auch Bernadette La Hengst und Frank Spilker, Gitarrist der Sterne, aufgewachsen. Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer verbrachte ebenfalls in Bad Salzuflen eine Zeit seines Lebens. Alle vier hatten entscheidenden Anteil daran, dass deutschsprachige Musik aus Hamburg Ende der 80er-Jahre stilbildend für die nachfolgenden Pop-Generationen wurde.

Begemann, Jahrgang 1962, war der Erste, der seinen Gitarrenkoffer nahm und sich von Nordrhein-Westfalen in Richtung Hamburg aufmachte. Zuerst mit der Band Die Antwort, später unter seinem Namen, war Begemann der Vorreiter der Hamburger Schule. Darunter versteht man bis heute Beat-Poeten, die ohne die gängigen Popklischees auskommen und wortwitzige Alltagsbeobachtungen oder gesellschaftskritische Betrachtungen in deutscher Sprache in Songs packen, ohne einheitliche musikalische Stilistik. Begemann jedenfalls ist bis heute ein Beatmusiker gewesen, der sich selber in einer Linie mit britischen Vorbildern wie Prefab Sprout sieht. Doch eigentlich gehen seine Einflüsse bis in die 60er-Jahre zu den Kinks zurück.

Im Laufe seiner fast 25 Jahre dauernden Karriere hat Begemann Dutzende von Hits, Ohrwürmern und Sing-along-Nummern geschrieben. "Eigentlich wollte ich nicht nach Hannover", die Hamburg-Hymne "Unten am Hafen", "Was macht Miss Juni im Dezember" und "Kein Glück im Osten" sind für seine Fans zu Klassikern geworden. Zum großen kommerziellen Durchbruch hat es für Bernd Begemann allerdings nie gereicht. Was umso erstaunlicher ist, denn Begemann hat Charme und Witz, er versteht sich zu kleiden und machte selbst im Bademantel eine gute Figur, wie bei drei Fernsehshows Mitte der 90er-Jahre auf N3 zu sehen war. Doch während namenlose Absolventen irgendwelcher Castingshows vordere Hitparadenplätze einnehmen, tingelt Begemann immer noch als Solist oder mit seiner Band Die Befreiung durch die Lande.

Vor ein paar Wochen hat der 49 Jahre alte Pop-Entertainer auf dem Hamburger Tapete-Label sein insgesamt 18. Album mit dem Titel "Wilde Brombeeren" veröffentlicht. Es enthält zwölf neue Songs in der für Begemann typischen Art. Gern fügt er sich in die Rolle des melancholischen Verlierers wie im Eröffnungssong "Gib mir die zwölfte Chance". Aber "Wilde Brombeeren" hat mit "Die Tanzfläche braucht dich" auch wieder einen Knaller mit einfachem Rhythmus und Mitsingfaktor 10.

Mit seiner Wahlheimat Hamburg setzt Bernd Begemann sich auch wieder kritisch auseinander. In den "Slums von Eppendorf" zieht er über die Bewohner des Nobelviertels her und reimt: "Belästigt vom eigenen Golden Retriever / gefestigt in Barbour-Jacken-Kollektiven / trotzen sie der Gischt / und sie trotzen den Prolls / der Range Rover ist vielleicht ein bisschen zu groß / doch es macht Spaß ihn zu fahren / und, Liebling, wir haben ja noch ein paar spritsparende Zweitwagen."

Im Dezember ist Bernd Begemann wieder auf Tour gewesen. Als Solokünstler. In Gotha und Gießen, in Heidelberg und Schwerin. Weil das billiger ist als mit der ganzen Band zu reisen. Programm hat Begemann genug. Dreistündige Auftritte sind keine Seltenheit, denn ebenso unterhaltsam wie seine lakonischen Songs sind seine Moderationen. Bernd Begemann hat in seinem Musikerleben viele absurde Begegnungen gehabt und merkwürdige Geschichten erlebt, davon erzählt er gerne mal zwischen den Songs. Wenn er am morgigen Donnerstag im Knust spielt, unterstützt ihn jedoch seine Band Die Befreiung. Das ist er seinem Hamburger Publikum schuldig. Denn hier wird er verehrt, so wie es einem Songschreiber seiner Qualität und Herkunft eigentlich gebührt.

Bernd Begemann Do 29.12., 21.00, Knust (U Feldstraße) Neuer Kamp 30, Karten: 13,60; Internet: www.bernd-begemann.de