Der preisgekrönte (und sehr lustige) Autor Max Goldt liest heute in Hamburg aus seinen Texten mit doppelsinnigen Alltagsbeschreibungen.

Schauspielhaus. Immer wieder wurde er mit der Anfrage behelligt, ob er nicht mal eine unterhaltsame Weihnachtsgeschichte schreiben könne. Nun, Weihnachten ist auch anno 2011 überstanden, und schon vor einigen Jahren hat Max Goldt Glühwein, Zuckeräpfel und gebrannte Mandeln als überteuerte Lebensmittel minderer Qualität entlarvt. Sein Tipp, wie man Weihnachtsmärkte unbeschadet überlebt, ist zugleich Titel seines 2005 erschienenen Buches: "Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens".

Das ist wie so vieles bei dem Autor und Satiriker bildlich gesprochen. Treffend und gern beschreibt Goldt in seinen Prosastücken Dinge, die unseren Alltag prägen, meistens jedoch unbeachtet bleiben. Das kann Unterwäsche ("Das süße Nichts"), aber auch eine zu große Pfeffermühle sein. Und bei Goldt bekommt auch eine Pauschalreise nach Malta ungeahnten Unterhaltungswert, ebenso eine routinemäßige Zahnsteinbehandlung. Max Goldt behandelt stets Banales, wie etwa in seinem Werk "Dem Elend Probe sitzen".

Er galt als der ungekrönte König der doppelsinnigen Alltagsbeschreibungen. Spätestens jedoch seit Max Goldt 2008 auf Empfehlung von Daniel Kehlmann ("Die Vermessung der Welt") mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet wurde, ist er aus der deutschsprachigen Literatur nicht mehr wegzudenken. Das hätte sich der einstige Göttinger Glossengott, der vor 30 Jahren in West-Berlin mit Gerd Pasemann das der Neuen Deutschen Welle zugeschlagene Musikduo Foyer des Arts gegründet hatte, damals sicher auch nicht träumen lassen.

Das satirische Fachorgan "Titanic" hatte Max Goldt, der eigentlich Matthias Ernst heißt, in den 90er-Jahren groß gemacht. Seit Frühjahr dieses Jahres schreibt er wieder für die allmonatlichen Frankfurter Spötter, wenn auch nicht regelmäßig. Parallel dazu hat der Schriftsteller mit dem Zeichner Stephan Katz unter der Marke "Katz und Goldt" als Comic-Texter ein weiteres Feld komisch beackert. Comic-Bücher wie "Der Globus ist unser Pony. Der Kosmos unser richtiges Pferd" oder "Unglück mit allerlei Toten" sind Ausdruck dessen.

Als ein überaus exakter Beobachter versteht es Goldt in seinen Texten, vermeintliche Nebenschauplätze in den Vordergrund zu rücken. Etwa indem er das Naheliegende betont. So erwartet der Raucher Goldt, dass ihn der Staat quasi als Gesetzgeber von seiner Sucht befreit. Nachts bei Sturm und Schnee zum Automaten gehen, das würde er immer machen. Aber sich bis zum Berliner Ostkreuz vorarbeiten, um dort Schmuggelware in Empfang zu nehmen? Sicher nicht.

"Raucher werden von einem Rauchverbot weitaus mehr profitieren als Nichtraucher", schreibt Goldt in seinem Werk "Ein Buch namens Zimbo. Sie werden kaum ertragen, was ihnen mitgeteilt wird". Und der goldtschen Logik ist schwer zu widersprechen. Er wirkt wie ein Rufer in der Wüste.

Ob doch noch heimlich rauchend oder nicht, längst machen Lesetouren einen Großteil seiner Arbeit aus. Wenn Goldt indes vors Publikum tritt, wirkt er immer noch etwas unsicher und macht sich mit seinen Texten kleiner, als diese es sind. Liegt es daran, dass sie teils noch unveröffentlicht sind? Dabei lachen seine (jungen) Zuhörer vielfach sogar öfter, als es mancher Text nahelegen würde. Das war vor einigen Jahren so, als er in Hamburg noch regelmäßig in Alma Hoppes Lustspielhaus auftrat, und ist auch im Bunker-Klub Uebel & Gefährlich auf St. Pauli und im Deutschen Schauspielhaus kaum anders. Dort, im Großen Haus, gleich gegenüber vom Hauptbahnhof gibt es heute unter dem Titel "Gattin aus Holzabfällen" außer neuen und alten Texten auch Bilder zu sehen, zu denen Max Goldt etwas erzählt.

Dabei ist seine Sprache eigentlich schon bildhaft und schwelgerisch genug ...

Max Goldt: Lesung neuer und alter Texte heute 20.30, Deutsches Schauspielhaus (U/S Hauptbahnhof), Kirchenallee 39, Karten zu 17,- (Einheitspreis) unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de