Die Schau in den Harburger Phoenix-Hallen zeigt Arbeiten von Ena Swansea und Robert Lucander - düstere Traumgemälde und bestechende Porträts.

Hamburg. Mit einem malerischen Auftritt setzt die Sammlung Falckenberg/Deichtorhallen ihren Schlussakkord unter das Jahr 2011. Mit einer Ausstellung zudem, die Unheimliches suggeriert. "Psycho" wird bespielt von einem ungleichen, sich in einigen Punkten aber annährenden Künstlerduo. Da ist die US-Amerikanerin Ena Swansea mit ihren düsteren, ereignisschwangeren Traum- und Nachtgemälden. Ihre Spezialität sind lichte Schleier, die mehr verhüllen als erleuchten oder dramatische, von einem Sog aufgewühlte Seelandschaften. Und da demontiert der Finne Robert Lucander seine Zeitgenossen in Porträts, die sie im alltäglichen Zirkus ihrer stereotypen Gestik und Mimik zu Gefangenen ihrer selbst degradieren.

Mit unentdeckten Verliesen unseres Seins warten die Bilder des Duos weniger auf. Wo "Psycho" draufsteht, muss nicht immer "Psycho" drin sein. Die Stärke der Bilder liegt eher in der malerisch-ästhetischen Inszenierung, weniger im ungeschönten Einblick in menschliche Abgründe. Vor allem Swansea weiß klassisches Seelenmotiv-Repertoire in ihren grafitgrundierten Bildern dramatisch in Szene zu setzen. Mit der dunklen Unergründlichkeit des Meeres ebenso wie mit der jeglichen Laut erstickenden Unschuld jungfräulichen Schnees. In ihren teils großformatigen Gemälden erstarrt die wallartige Meeresbrandung zum Seelengebirge oder umgibt einen Brautschleier der fahle Glanz des Scheins. In anderen Bildern blickt Swansea aus der Kinderperspektive, malt das schlafende Kind allein im überdimensionierten elterlichen Bett. Zurückgezogen in einer Höhle aus schwarzer Bettwäsche träumt ihm ein bedrohlich finsterer Mann Hals über Kopf von der Decke herab. Swansea ist dabei immer nah an der Kunstgeschichte, an manieristischen Lichtsetzungen oder in Bildern wie "21st century haystack" an Monets Heuhaufen.

Lucander holt sich sein Personal hingegen aus Illustrierten und Nachrichtenmagazinen. Er zerschneidet, spiegelt oder verdoppelt die Figuren, fragmentiert ihre Körper oder stellt Augen und Mund frei auf eine blanke Holzplatte. Holzmaserung und Musterung der Kleider tragen dazu bei, die Stereotypie dieser aus Medienvorlagen gewonnenen Körpersprache hervorzuheben. Der Künstler, so Deichtorhallen-Kuratorin Miriam Schoofs, entlarvt "die leeren Gesten, die gekünstelte Mimik und das hohle Pathos des sich selbst repräsentierenden Repräsentanten als absurd". Eine "Poesie des Bösen" nennt Sammler Harald Falckenberg die Leitidee der Ausstellung, in der beide Künstler in der Malerei "eine Form der Vergangenheitsbewältigung und zugleich persönliches Work-out" finden: Swansea, geprägt durch die Südstaaten und die bewegte Geschichte ihrer Familie, Lucander als Teil der schwedischen Minderheit in Finnland.

Die biografische Note indes geht in "Psycho" in eine allgemeine Seelenlage über. Individuelle Erfahrung verwandelt sich in das Psychogramm einer Gesellschaft, die zur Beschreibung ihrer Seelenlage sich stets eines überschaubaren Bildfundus und kollektiven Bildgedächtnisses bedient. Und beide Künstler schöpfen hier aus dem Vollen.

Psycho - Ena Swansea und Robert Lucander bis 25.3.2012, Sammlung Falckenberg/Deichtorhallen, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, Phoenix-Hallen, Harburg. Besuche sind nur innerhalb von Führungen möglich. Mi und Do 18.00, Fr 17.00, Sa und So 11.00 und 15.00, Eintr. 15,-/Sammlungsferien: 23.12. bis 31.12. Feiertagsführungen am 25.12., 15.00, und am 1.1.12, 15.00. Anmeldungen unter besuch@sammlung-falckenberg.de ; www.sammlung-falckenberg.de