Bei Melike Bilir zeigt Simon Starke in seinen Arbeiten aus Nadelfilz und bürotauglicher Auslegeware mit viel Sinn für Humor.

Galerie Bilir. Fast wäre er schon abhandengekommen, der Witz in der Kunst. So viele Formalismen, politische Korrektheiten, theoretisch fundierte Bemühtheiten könnten glauben machen, die Kunst wäre trocken wie die Wüste Gobi. Ist sie aber nicht. Das zeigt zum Beispiel die Galerie Melike Bilir. Simon Starke lädt ein zur Ausstellung mit dem sinnigen Titel "Umso".

"Umso mehr Leute kommen, umso enger wird es", heißt es in der Einladung zur Ausstellung, gefolgt von: "Umso größer der Aufwand, umso höher die Kosten." Klingt einleuchtend, doch wie verbindet man solche Umso-Sätze mit den Wandteppichen des Künstlers? Mit Bildern aus bürotauglicher Auslegeware Marke Nadelfilz?

Starke hängt die eckigen Fladen an die Wand, fertigt aus unterschiedlich farbigen Filzen Intarsienarbeiten. Mit dem Effekt, dass sich aus dem schnöden Material geometrische Muster, räumliche Dimensionen, sogar Schrifttafeln formen. Die Worte "Geht nicht" aus ekligem Kunst-Flokati in dunklen Filz gesetzt korrespondieren bei Starke mit einem kaum sichtbaren "Gibt's nicht", ausgeführt als Ton-in-Ton-Intarsie. Das ist billigste Baumarkt-Philosophie beim Wort genommen, die sich hier anschickt, dem Reich der Kunst ihr Motto zu überlassen.

Als Wohnung angelegt präsentiert sich die ganze Ausstellung. Neben den Wandteppichen laden ein Regal fürs Kaminholz inklusive Hauspantoffeln, ein Tisch mit eingehämmerten und überdimensionalen Hölzern, eine spitz zulaufende, aber unbenutzbare Bank sowie improvisiert aufgehängte Vorhänge zum Probewohnen ein. Zum Platznehmen fordern zwei Stuhlreihen vor einem weiteren Beispiel von Filz-Wanddekor auf. Starke verlieh ihm den Namen "Meditationskino". Und richtig, wir sitzen hier wie in einem Kino und meditieren in den Filz hinein, so lange, bis sich die noch leeren Sprechblasen mit imaginärer Bedeutung füllen mögen. Kunstkenner mögen bei so viel Filz allerdings mehr die Fährte eines deutschen Kunstschamanen wittern, dem der Filz zum Markenzeichen wurde. Oder lässt sie an den sprichwörtlichen Filz denken, den es bekanntlich nicht nur in der Politik gibt.

Für Abendblatt-Leser gibt's in den Räumen dieser Kunst-Wohnung übrigens ein Wiedersehen, ein Wiedersehen mit Fotos der Zeitung, die der Künstler zu motivähnlichen Paaren gruppierte. Wer etwa als Paar so schön grinst und seine Zähne wie Tochter und Mutter Clinton bleckt, dem werden schon mal zwei Außerirdische mit einem ähnlich breiten Grinsen gegenübergestellt.

Galerie Melike Bilir: Simon Starke - UMSO bis 13.1.2012, Mi-Fr 14.00-18.00, Sa 12.00-15.00 u. n. V., Admiralitätstraße 71 (U Rödingsmarkt), T. 38 66 56 77; www.melikebilir.com