Juliette Binoche ist in diesem Drama erfolgreich unter “Die Liebesfälscher“ gegangen.

Zu Beginn scheint alles klar. Eine Kunstexpertin (Juliette Binoche) besucht die Lesung des britischen Autors James Miller (William Shimell), den sie augenscheinlich sehr anziehend findet. Am nächsten Tag treffen sich beide wieder, und es herrscht eine knisternde erotische Spannung zwischen der schönen Frau und dem gleichfalls attraktiven grauhaarigen Mann. Sie verabreden einen Ausflug in die Toskana und diskutieren bis aufs Messer über Millers Auffassung von Original und Fälschung. Die Intensität der Gespräche wird so dicht, dass beim Zuschauer die Irritation zunimmt. Kennen diese beiden sich tatsächlich erst seit einem Tag? Wer sind sie wirklich? Sind sie Eheleute, die sich wiedergefunden haben? Oder nehmen sie nur Rollen an, die sie ernsthaft weiterspielen?

Abbas Kiarostami lässt die Auflösung des Rätsels offen. Sein Film "Die Liebesfälscher" ist ein doppelbödiges Spiel zwischen zwei Erwachsenen, bei dem nie ganz deutlich wird, ob es reale Argumente und Vorwürfe sind, die sie in ihren heftigen Diskussionen austauschen, oder nur die spannende Möglichkeit des "Was wäre wenn", entstanden aus einer unausgesprochenen Verabredung, sich auf ein etwas unkonventionelles Liebesabenteuer einzulassen, das tiefer geht, als dem Gegenüber nur schöne Augen zu machen.

Die namenlose Kunstexpertin und der Autor schlendern durch Lucignano und genießen ihre tiefsinnigen Auseinandersetzungen über die Kunst, das Leben und die Liebe. Wie ein vertrautes Ehepaar wirken sie dabei nicht, eher wie zwei Magneten, die sich zueinander hingezogen fühlen, wenngleich es noch eine unsichtbare Kraft gibt, die den Zusammenprall verhindert.

In der Vergangenheit hat der iranische Regisseur Kiarostami ausschließlich in seiner Heimat gedreht und fast ausschließlich mit Laienschauspielern. "Die Liebesfälscher" ist sein erster in Europa gedrehter Film mit Profi-Schauspielern. Mit einer Ausnahme: William Shimell, der zu den weltbesten Bariton-Sängern gehört, verfügt zwar über eine Menge Bühnenerfahrung, hat aber noch niemals vor einer Kamera gestanden. Kennengelernt hat er Kiarostami 2008, als dieser "Cosi fan Tutte" inszenierte. Doch der englische Opernstar lässt sich keine Sekunde anmerken, dass er kein Schauspiel-Profi ist.

Ebenso hinreißend wie die beiden Protagonisten ist die Gegend, in der Kiarostami seinen Liebesfilm spielen lässt. Die Toskana mit ihren malerischen Städtchen, ihrem besonderen Licht und den weichen Hügeln ist ein Ort der Verzauberung und Magie, wie gemacht für Flirt und Verführung. Und ohne Zweifel ein Original.

Bewertung: empfehlenswert

Die Liebesfälscher F/I 2010, 06 Min., o. A., R: Abbas Kiarostami, D. Juliette Binoche, William Shimell, Jean-Claude Carriere, täglich im Blankeneser, Passage; www.dieliebesfaelscher.de