Ob im Kinohit “Twilight“ oder in TV-Serien wie “True Blood“ und “The Vampire Diaries“: Wie sich moderne Untote dem Lifestyle anpassen

In der US-amerikanischen Vampir-Serie "True Blood" existiert die schöne Formulierung "to mainstream". Dieses Verb besagt nichts anderes, als dass sich der Blutsauger entschlossen hat, sich nicht (mehr) von menschlichem Lebenssaft zu ernähren, sondern von einer künstlich hergestellten Ersatzflüssigkeit, dem (fast) titelgebenden Getränk "Tru Blood" eben.

Der Vampir verliert so - vermeintlich - seine angsteinflößende Wirkung und versucht, sich in die humane Gesellschaft zu integrieren, sich also der Mehrheit anzupassen. Nachtschattengewächse, die der sozialen Bewegung des "Mainstreaming" angehören, besuchen die Lokale der Menschen und verlieben sich in die Bedienung, sie treten in Talkshows auf und halten historische (!) Vorträge in der örtlichen Kirche. Wie in unseren postmodernen Zeiten gängig, handelt es sich also schlichtweg um eine Entscheidung in Sachen Lifestyle.

Zu mainstreamen ist ein seit Jahren anhaltendes Phänomen im Vampir-Genre. Im Endlos-Kinohit "Twilight" üben sich die Kinder der friedliebenden Familie Cullen darin, halbwegs unauffällig die Highschool zu besuchen, während Vater Cullen als Arzt seinen sterblichen Mitbürgern sogar altruistisch zur Seite steht.

Vor allem aber zeigt sich der Mainstreaming-Trend in TV-Serien. Wer in der jüngeren Vergangenheit den Fernseher eingeschaltet hat, dem scheint es durchaus normal, dass Untote sich überlegen, welche Krawatte zum Anzug passt. Und auch, dass sie sich mal im Haushalt nützlich machen, ist nicht unüblich. Der nette Vampir von nebenan.

Für erwachsene Zuschauer eignet sich das Ränkespiel in Bon Temps, dem vor Hitze und Mysterien brodelnden Südstaaten-Nest, in dem "True Blood" spielt. Unsere Realität, die ohnehin von Photoshop und anderen Techniken der Werbung glatt poliert wird, persifliert und überhöht Schöpfer Alan Ball mit seinem Horror- und Fantasy-Reigen ins Absurde, Abgründige, Kitschige. Seine Vampire sehen überirdisch gut aus, verfügen über schärfere Sinne und haben den besseren Sex. Ihre perfekten Körper tragen sie wie Designer-Anzüge zur Schau. Ansonsten schlagen sie sich aber mit zutiefst menschlichen Problemen herum. Diskriminierung, Politikverdrossenheit, Liebeskummer.

Teenager hingegen bevorzugen die abgemilderte, weniger explizite Variante "The Vampire Diaries". Und da sich der adoleszente Alltag nun mal hauptsächlich in der Schule ereignet, also bei Tageslicht, muss schnell dramaturgische Abhilfe geschaffen werden. Denn (über)natürlich wäre es sterbenslangweilig, wenn die Hauptakteure all die kleinen Dramen, großen Gesten und mittleren Flirts unterirdisch in ihren Särgen verschlafen würden. Also tragen die Vampire in dem (bedeutungsschwanger benannten) Städtchen Mystic Falls schlichtweg magische Ringe, die sie im schönsten Sonnenschein wandeln lassen. Mainstreaming galore, sozusagen. Von solchen Annehmlichkeiten können die Vampire in Bon Temps nur träumen, während sie tagsüber in ihren Erdmöbeln schönheitsschlummern.

Den TV-Untoten beider Formate ist jedoch gemein, dass sie die Sterblichen mit einem tiefen Blick in die Augen manipulieren können, etwa Erinnerungen vergessen machen, falls es mit der Anpassung an soziale Normen mal doch nicht so klappen will. Manchmal ist der kleine Hunger respektive Durst zwischendurch eben einfach zu groß.

Aber was kann jetzt noch kommen, wo die Vampire so unauffällig unter uns wandeln? Vielleicht kehrt ja Buffy zurück. Die jugendliche Vampirjägerin hat die Untoten Ende der 90er-Jahre wegweisend salonfähig und TV-tauglich gemacht - wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen. Momentan hätte sie jedenfalls alle Hände voll zu tun.