Der berühmte Liedermacher, zudem Symbolfigur der Oppositionsbewegung der DDR, wurde zu seinem 75. Geburtstag im Rathaus geehrt.

Hamburg. Ohne seine Gitarre ist Wolf Biermann eigentlich nicht vorstellbar. Er dichtet und spielt. Und wer ihn kennt, hat manchmal das Gefühl, Biermann dichtet und spielt 24 Stunden am Tag. Er schläft, atmet, isst mit seiner Gitarre. Ist vielleicht nicht das Schlechteste. So kann er, sofort nachdem ihm etwas eingefallen ist, ein Kunstwerk draus machen.

Immerhin ist Wolf Biermann so einer der bedeutendsten deutschen Liedermacher geworden. Symbolfigur der Oppositionsbewegung der DDR zudem und - wie er selbst sagt - trotzdem ein waschechter Hamburger Fischkopp. Biermann, der am 15. November seinen 75. Geburtstag feierte, ist gestern im Hamburger Rathaus mit einem Empfang gewürdigt worden. "Wir feiern heute einen Streiter für Frieden und Freiheit, einen Diktaturen-Kritiker, dessen Lieder und Gedichte die DDR-Obrigkeit zur Verzweiflung brachten", sagte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Auch in einer Demokratie habe ein Dichter genügend Anlässe, über das Zusammenleben der Gesellschaft nachzudenken und "hier und da seinen künstlerischen Stachel einzusetzen", sagte Scholz weiter. "Ein Rechtsstaat braucht Künstler wie Sie, die der Gesellschaft immer wieder den Spiegel vorhalten. Wir brauchen Ihre frechen, manchmal schnoddrigen Zwischenrufe."

In Hamburg geboren war Biermann 1953 in die DDR übergesiedelt. "Ich ging dort hin, um das zu tun, was meine Mutter von mir erwartete", sagt Biermann heute. "Für mich war ja Kommunismus ein heiliges Wort. Dafür war mein Vater gegen die Nazis angetreten. Ich sollte, wie meine Mutter das in ihrer kindlichen Sprache sagte, meinen Vater rächen. Natürlich merkte ich dann sehr schnell, dass das Arbeiter- und Bauernparadies kein Paradies war."

In all den Jahren in seiner Ost-Berliner Wohnung habe er Heimweh nach seiner Geburtsstadt gehabt: "Ich wollte nie zu den Westdeutschen, aber nach Hause, nach Hamburg, in meine Vaterstadt", sagte er. Nach langjährigem Berufsverbot wurde Biermann 1976 nach einem Konzert in Köln wegen "feindseligen Auftretens" ausgebürgert. Heute lebt der Berliner Ehrenbürger in Hamburg-Altona. "Als ich in den Westen kam, lief ich herum wie einer mit dem eigenen Kopf unter dem Arm", erzählt Biermann heute. "Mir fehlten nicht nur die nahen Freunde, sondern vor allem auch meine vertrauten Feinde."

"Hamburg ist die undeutscheste Stadt, die ich kenne", erklärte Biermann. "In Hamburg steht man mit dem Rücken zu Deutschland und guckt auf die Welt." Hier bewege er sich "wie ein Fisch im Wasser", auch wenn er und seine Frau immer wieder mal darüber nachgedacht hätten, zurück nach Berlin - zu alten Freunden und "treuen Feinden" - zu ziehen. Das Beste sei, dass diese private Frage endlich privat beantwortet werden könne: "Es geht nicht um Leben und Tod."