Wie geht es weiter mit der Museumsszene? Wir fragten Kultursenatorin Barbara Kisseler vor Beginn der Bürgerschaftssitzung.

Hamburg. Gestern Abend hat die Hamburger Bürgerschaft auf Antrag der SPD das Ende der Stiftung Historische Museen in ihrer bisherigen Form beschlossen: Künftig werden das Helms-Museum und das Bergedorfer Schloss nicht mehr dem Museumsverband angehören. In einem exklusiven Gespräch mit dem Abendblatt gab Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler Auskunft über ihre Pläne.

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+++ Das Hafenmusuem soll geschlossen werden +++

Hamburger Abendblatt: Frau Kisseler, am 21. September hatten Sie sich noch für die Erhaltung der Stiftung Historische Museen als Vierer-Verband ausgesprochen, zwei Tage später aber den SPD-Antrag unterstützt, der eine Herauslösung des Helms-Museums und des Museums für Bergedorf und die Vierlande vorsieht. Wie kam es zu diesem unerwarteten Sinneswandel?

Barbara Kisseler: Ich würde das nicht als Sinneswandel betrachten, weil ich mich von Anfang an für eine Gesamtstiftung stark gemacht habe. Nun kann man zwar sagen, dass eine solche nicht mehr besteht, wenn zwei Museen ausscheiden. Das ist mathematisch richtig, aber nicht unbedingt inhaltlich, denn mit dem Museum für Hamburgische Geschichte, dem Altonaer Museum und dem Museum der Arbeit werden die Stammhäuser auch künftig einen Verband bilden. Außerdem wird die Herauslösung von Harburg und Bergedorf, deren Bedingungen noch konkret zu klären sind, bestimmt nicht dazu führen, dass man die Geschichte Hamburgs in diesen zentralen Häusern nicht mehr erzählen könnte. Die Gesamtstiftung bleibt, auch wenn sie sich auf drei Häuser konzentriert.

Wird es denn bei drei Häusern bleiben? Es gibt Bestrebungen, die auch das Museum der Arbeit in Kombination mit dem Hafenmuseum herauslösen wollen.

Kisseler: Nein, diese drei Häuser sollten in der Stiftung vereint bleiben. Allerdings muss das Hafenmuseum, das großes Potenzial hat, optimiert werden. Der von dem Architekten Andreas Heller erarbeitete Masterplan hat großen Charme, ist aber leider unter den gegebenen Umständen im Haushalt schwer darstellbar.

Ist das Heller'sche Hafenmuseum ein Luftschloss?

Kisseler: Es ist ein Schloss. Trotzdem bietet das Konzept Anregungen, die umgesetzt werden können und sollten. Zum Beispiel die Idee, dass die Stiftung viel stärker eine zentrale Fragestellung in den Vordergrund stellen sollte.

Zum Beispiel: Die Geschichte Hamburgs vom Hafen aus erzählt?

Kisseler: Das finde ich auf den Punkt gebracht.

Das Helms-Museum geht davon aus, dass es die 2,3 Millionen Euro, die es in die Stiftung eingebracht hat, künftig allein behalten wird. Das sieht die Stiftung Historische Museen ganz anders.

Kisseler: Auch auf die Gefahr hin, das Helms-Museum jetzt zu enttäuschen: Aber ich glaube, wir müssen sorgfältig prüfen, zu welchen finanziellen Bedingungen eine funktionierende Gesamtstiftung und eine Herauslösung von Harburg realisierbar sind.

Während die Verselbstständigung des Helms-Museums nur den Zustand vor Gründung der Stiftung Historische Museen Hamburg wiederherstellt, verhält sich die Situation in Bergedorf anders. Dort soll eine Außenstelle zum selbstständigen Museum werden. Mit den 400 000 Euro, die das Bergedorfer Schloss bis heute erhält, wird sich das organisatorisch kaum machen lassen. Was soll nun geschehen?

Kisseler: Das weiß ich noch nicht. Darum nehmen wir uns ja die Zeit, bis zur Mitte des kommenden Jahres ein Gesamtkonzept für die historischen Museen zu erarbeiten. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Fragen, sondern auch darum, wie sich die historischen Museen inhaltlich aufstellen, welches Profil sie entwickeln und in welcher Weise sie kooperieren wollen. Vieles ist da noch ungeklärt, und Bergedorf macht das nur beispielhaft deutlich.

Die Herauslösung der beiden Museen geschieht aufgrund einer politischen Initiative der SPD. Wie ist das Stimmungsbild im Stiftungsrat und in den einzelnen Häusern?

Kisseler: Im Stiftungsrat ist das ambivalent. Vor allem die Harburger Vertreter befürworten die Herauslösung, weil man dort die Gesamtstiftung immer als unzureichende Lösung empfunden hat. Deshalb wittert man dort Morgenluft. Ob das dann ein erfrischender Morgenwind werden wird, muss sich zeigen. Die Stimmung in der gesamten Mitarbeiterschaft macht mir dagegen Sorgen, denn diese ist geprägt von Erschöpfung aufgrund der endlosen und in Teilen auch fruchtlosen Diskussionen, Workshops und Befragungen. Auf der anderen Seite macht sich fast schon Resignation breit, weil man fast schon kein richtiges Ziel mehr zu sehen meint. Ich persönlich betrachte es als große Aufgabe, hier eine positive Wendung und eine Perspektive zu eröffnen. Leider können wir das nun nicht mehr mit Frau Baumann als Stiftungsvorstand angehen.

Nach dem Rücktritt von Kirsten Baumann braucht die Stiftung zu Jahresbeginn einen neuen Vorstand. Welche Lösung streben Sie hier an?

Kisseler: Das Problem ist sehr schwierig, und es ist auch noch nicht gelöst.

Es wurde ja sogar die Putin-Medwedew-Variante ins Spiel gebracht: Lisa Kosok übernimmt wieder die Leitung.

Kisseler: Der Vergleich ist originell, der Vorschlag aber nicht überzeugend. Ich glaube, dass es jetzt nicht wieder jemand der amtierenden Direktoren sein sollte.

Wäre das nicht eine Chance, mit einer von den Hamburger Problemen unbelasteten Person einen wirklichen Neuanfang zu machen, der die von ihnen beklagte Perspektivlosigkeit durchbricht?

Kisseler: Das würde ich gern machen. Ich glaube aber, dass eine solche Person, die eine Art "eierlegende Wollmilchsau" sein müsste, erst einmal die Frage stellt, welche Struktur sie denn vorfindet. Deshalb müssen die Grundkoordinaten erst einmal festgelegt werden. Dafür wollen wir die erste Jahreshälfte 2012 nutzen.

Das heißt, bis Mitte nächsten Jahres wird es noch eine Interimslösung geben?

Kisseler: Ich denke ja.

Es ist ja auch nicht gerade ein Traumjob, sondern eher eine Herausforderung.

Kisseler: Das ist wohl wahr.

In dem SPD-Antrag ist auch die Rede davon, das Projekt "Kulturspeicher" als zentrales Sammlungsdepot fortzuführen. Unserer Kenntnis nach hat dieses Projekt noch nicht einmal begonnen?

Kisseler: Da täuschen Sie sich, hier sind wir schon ein ganzes Stück weiter. Wir prüfen noch verschiedene Möglich-keiten und Standorte. Ich bin guten Mutes, dass wir im nächsten halben Jahr zu einer Lösung kommen

Das wird aber kostspielig.

Kisseler: Die dafür nötigen Investitionsmittel wollen wir zur Verfügung stellen.

Die Hamburger Museumskrise haben Sie von Ihren Vorgängern geerbt. Sind Sie guten Mutes, dass die Probleme der Museumsstiftungen bald aus den bundesweiten Schlagzeilen verschwinden?

Kisseler: Es gibt schon das eine oder andere Erbe, das man bei Lichte besehen lieber ausschlagen würde. Aber ich habe ja gewusst, in welcher Situation sich die Hamburger Museen befinden. Bis jetzt habe ich aber das Gefühl, dass es immer noch den Willen gibt, gemeinsam etwas zu bewegen. Ich glaube, Hamburg kann es sich weder nach innen noch nach außen leisten, diese Diskussion nicht bald zu einem guten und überzeugenden Ende zu bringen.