Regisseur Werner Herzog über unterirdisches Staunen und 3-D.

Als erster Filmemacher überhaupt bekam Werner Herzog Zugang zu den faszinierenden prähistorischen Felszeichnungen in der Grotte Chauvet an der Ardèche. Eigentlich ist Herzog selbst schon fast ein filmhistorisches Fossil, wenn auch ein sehr lebendiges und produktives. Zusammen mit Wim Wenders, Volker Schlöndorff und Rainer Werner Fassbinder hat der 69 Jahre alte Regisseur das Kino hier in den 70er-Jahren aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und mit Filmen wie "Fitzcarraldo" oder "Aguirre, der Zorn Gottes" auch international bekannt gemacht. Aber stets war seine Beziehung zu Deutschland mindestens so schwierig wie die zu Klaus Kinski, mit dem er fünf Filme drehte und den er in "Mein liebster Feind" porträtierte. Viele von Herzogs jüngsten Arbeiten sind hier gar nicht mehr gezeigt worden. Seit Jahren lebt er in den USA und gilt mittlerweile schon einer neuen Generation von Filmfans als kultverdächtig.

Hamburger Abendblatt:

Wie haben Sie von der Chauvet-Höhle erfahren?

Werner Herzog:

Mein Produzent, mit dem ich "Grizzly Man" und "Encounters At The End Of The World" gedreht habe, hat mich auf einen Artikel im "New Yorker" über die Höhle aufmerksam gemacht. Schon als Heranwachsender habe ich mich für alles interessiert, was mit Paläontologie zu tun hat. Deshalb musste ich den Film machen und wollte auch nicht, dass mir jemand anderes zuvorkommt.

Erstaunlich, dass Sie den Zuschlag bekamen, die Franzosen protegieren doch sonst ihre eigenen Kulturschaffenden.

Es gab auch Konkurrenz. Ich habe bei den Gesprächen aber immer wieder betont: "Das ist nicht euer kulturelles Erbe, sondern das der Menschheit." Deshalb habe ich mich auch geweigert, an Kampagnen teilzunehmen, damit die Unesco die Höhle als Weltkulturerbe anerkennt. Die Unesco soll selbst auf Knien daherkommen und darum bitten, dass die Chauvet-Höhle aufgenommen werden darf. Die ist so eindeutig und überwältigend.

Wie waren Ihre ersten Eindrücke?

Vollkommenes Staunen, obwohl ich vorbereitet war. Wenn ich das auf ein Publikum übertragen kann, habe ich den richtigen Film gemacht. In der Höhle wurde mir schlagartig klar, dass ich in 3-D drehen musste. Die Formationen haben die Maler vor 30 000 Jahren ausgenutzt. Eine Felsausbuchtung haben sie beispielsweise zum Nacken eines Bisons gemacht.

Als Kontrastprogramm haben Sie im März einen Gastauftritt bei den "Simpsons". Das ist doch eine große Ehre.

Große Ehre? Das ist meine Apotheose (Erhebung eines Menschen zum Gott, d. Red.) innerhalb der populären amerikanischen Kultur. Danach fürchte ich nichts mehr.

Haben Sie sich über die Anfrage gefreut?

Ich wusste gar nicht, wer die "Simpsons" sind. Ich dachte, das wären Comics aus Zeitungen wie die "Peanuts". "Simpsons"-Erfinder Matt Groening hat mich damals angerufen. Ich fragte ihn, wieso soll ich auch sprechen? Bewegen die Figuren sich denn? Er hat geglaubt, ich nehme ihn auf den Arm. Ich schwöre bei Gott, ich hatte es noch nie im Fernsehen gesehen. Aber dann war es doch eine richtig schöne Arbeit.

"Die Höhle der vergessenen Träume" läuft im Abaton und Passage-Kino (3-D). Bildband: Jean-Marie Chauvet, Éliette Brunel, Christian Hillaire: Grotte Chauvet bei Vallon-Pont-d'Arc. Altsteinzeitliche Höhlenkunst im Tal der Ardèche. Thorbecke Verlag, 120 S., 34 Euro