Der altgediente Retro-Rocker Lenny Kravitz stellt am 4. November in der Hamburger O2 World sein neues Album “Black And White America“ vor.

Die 80er-Jahre. Das Grauen. Welcher Teufel mag die Musiker und Produzenten dieser Pop-Ära geritten haben, um so scheußlich zu klingen? Luftarme Gitarren, pappige Schlagzeuge, digitaler Analog-Käse aus Synthesizern und Keyboards. Und alles durch den Kompressor gejagt, um auch die letzte Spur von Dynamik zu beseitigen.

Ein 25 Jahre junger New Yorker namens Leonard Albert "Lenny" Kravitz hatte 1989 genug vom Klangbrei-Einerlei. Aufgewachsen mit Gospel, Blues und Jazz aus dem elterlichen Plattenregal und mit Led Zeppelin, Bob Marley, Jimi Hendrix , Cream und The Who aus dem eigenen, wollte der autodidaktische Multi-Instrumentalist diesen Sound wiederauferstehen lassen.

"Let Love Rule" war 1989 diese Auferstehung. Funk trifft Rock trifft Soul, eingespielt auf Vintage-Instrumenten und mit Vintage-Technik. An Gesang, Gitarre, Orgel, Schlagzeug, Bass und Percussion: Lenny Kravitz. Das Ganze klang so altmodisch, dass es schon wieder futuristisch, geradezu avantgardistisch erschien. Aber der erste kleine Erfolg in den Staaten und in Europa gab ihm recht.

Mit dem Rummel um eine vermeintliche Liebschaft mit Madonna - für sie schrieb Kravitz 1990 an "Justify My Love" mit - wuchsen die Erwartungen an den auch optisch attraktiven Retro-Rocker. Und die wurden übererfüllt. "Mama Said" (1991) und "Are You Gonna Go My Way" (1993) waren damals Millionenseller, sind heute Klassiker. Kernig, wuchtig und groovy donnerten "Always On The Run", "Stop Draggin' Around" und "Are You Gonna Go My Way" aus Boxen über Bühnen und Tanzflächen. Zu "It Ain't Over 'til It's Over" und "Fields Of Joy" wurde die Unschuld verloren, wurden Kinder gezeugt. Kravitz, der als Siebenjähriger die Jackson 5 im Madison Square Garden sah, war nun selber ein Superstar.

Ironischerweise wurde aber das fünfte Album "5" 1998 sein größter kommerzieller Erfolg, obwohl oder gerade weil seine neue musikalische, digitalere Sinnsuche vielen Kritikern sauer aufstieß. Mit dem letzten Platin-Album "Lenny" (2001) setzte auch wirtschaftlich der Abschwung ein. Retro-Pop machten in den Nuller-Jahren andere mit mehr Aufmerksamkeit, von den Strokes bis Amy Winehouse.

Kravitz aber sucht weiter die Geister, die er einst rief. Zuletzt erschien im August sein neuntes Album "Black And White America", eine Nummer eins in Deutschland. Funk, Rock, Reggae, Rap, aufgenommen auf den Bahamas. Es klingt im Vergleich mit seinen Frühwerken weniger altmodisch-überraschend denn altbacken. Aber: "It Ain't Over 'til It's Over". Let Love rule.

Lenny Kravitz, Raphael Saadiq Fr 4.11., 20.00, O2 World (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 46,- im Vorverkauf; www.lennykravitz.com