Der Amerikaner Josh Weil, Jahrgang 1976, führt uns mit großer erzählerischer Disziplin nach Virginia. Dort, in den Blue Ridge Mountains, pulsiert das Leben langsamer als anderswo, und das Tal, in dem die Hauptfigur, der 71-jährige Stillman Wing, lebt, ist ein "Ort, an dem die Leute wussten, wie man Abstand hielt".

Wings große Liebe gilt den Traktoren und im Besonderen einem schrottreifen Deutz Diesel, dessen Reparatur mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Seine Welt gerät aus den Fugen, als seine Tochter Caroline beschließt, ihren freizügigen Lebenswandel nicht mehr im Haus des Vaters fortzusetzen, sondern in einer sonderbaren Kommune voller "Kiffbirnen", die sich im Tal breitmachen. Als Caroline schwanger wird, verliert Wing endgültig sein Gleichgewicht - und fasst den Entschluss, dem nicht zuzusehen. Der alte Deutz Diesel spielt dabei keine unwichtige Rolle. Weils Novelle besticht durch einprägsame Bilder einer Prärielandschaft, die man zu kennen meint und doch erst durch die lakonische Erzählkunst kennenlernt. Gesprochen wird nicht viel in dieser kargen Einöde. Gefühle finden zwischen den Zeilen ihren Platz. Mitunter - wie in dieser feinen Erzählung - genügen gut 120 Seiten, um einen ganzen Kosmos vor Augen zu führen.

Josh Weil: "Das neue Tal". Novelle. Aus dem Engl. von Stephan Kleiner. DuMont, 126 S., 17,99 Euro. In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Rainer Moritz, Annemarie Stoltenberg (NDR) und Wilfried Weber (Buchhandlung Felix Jud) Bücher vor.