Das zweite Überjazz-Fesival auf Kampnagel bietet mit Robert Glasper, McCoy Tyner und Chilly Gonzales ein fantastisches Programm.

Die Bandbreite drückt sich in vier Buchstaben aus. Die Präposition "über" in Verbindung mit "Jazz" steht für einen freien Blick über den Tellerrand und die Auflösung puristischer Grenzen. Das Überjazz-Festival, vom 28. bis zum 30. Oktober zum zweiten Mal auf Kampnagel zu Hause, geht mit einer programmatischen Vielfalt an den Start, die bei den meisten Jazzfestivals in aller Welt längst Usus geworden ist.

Was im Hamburger Fall nicht bedeutet, dass ein Sammelsurium von Künstlern verschiedener Couleur in das Programm gepackt worden ist. Im Gegenteil: Überjazz 2011 ist von den Veranstaltern Karsten Jahnke, der NDR-Jazzredaktion und dem Jazzbüro Hamburg sorgfältig kuratiert worden. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf Pianisten, Vertretern der nordischen Länder und der Hamburger Szene. Weitere Höhepunkte versprechen die französische Sängerin Jane Birkin mit einem Serge-Gainsbourg-Abend und das Trio des Gitarristen Pat Metheny, das das Festival am Sonntag abschließen wird.

Mit McCoy Tyner, dem Pianisten des legendären John Coltrane Quartets, kommt einer der letzten Überlebenden der innovativen Hochphase des Jazz in den 60er-Jahren nach vielen Jahren endlich mal wieder nach Hamburg. Der 73-jährige Tyner gilt bis heute als der Bewahrer des Coltrane-Erbes. Auf Kampnagel wird er die Musik dieses einzigartigen Saxofonisten spielen, dafür hat er sein Trio um Chris Potter sowie den Sänger José James verstärkt.

Einige Generationen jünger als Tyner ist Robert Glasper. Der 32 Jahre alte Pianist steht in der Tradition des modernen Jazz, doch er hat sein Spektrum um die Spielarten und Beats des Hip-Hop erweitert, seit den späten 70er-Jahren wichtigste Ausdrucksform afroamerikanischer Kultur. Überjazz präsentiert noch eine Reihe weiterer erstklassiger Pianisten vom clownesken Hexenmeister Chilly Gonzalez über Vijay Iyer, einen New Yorker mit indischen Wurzeln, bis zu den skandinavischen Tastenvirtuosen Bugge Wesseltoft und Johan Karlzon. Musiker aus der lebendigen Szene Nordeuropas nehmen dieses Jahr breiten Raum im Überjazz-Programm ein. Außer den oben erwähnten Pianisten darf man gespannt auf die neue Band des e.s.t.-Schlagzeugers Magnus Öström sein. Öström überschreitet die Grenzen des herkömmlichen Jazz ebenso wie der Oddjob-Trompeter Goran Kajfes, der mit seiner Bigband kommt, oder der Saxofonist Magnus Lindgren. Zum ersten Mal als Solist wird der Finne Iiro Rantala in Hamburg mit seinen Kompositionen zu hören sein. Das Magazin Jazzthing bezeichnete Rantala als "Naturereignis an den Tasten".

Viel Platz wird auch in diesem Jahr wieder der lokalen Szene eingeräumt. Ein Auftritt der NDR Bigband ist obligatorisch, das Großensemble präsentiert als Solisten den Saxofonisten Gabriel Coburger, 2007 Gewinner des Hamburger Jazzpreises. Auch eine Reihe weiterer Hamburger Musiker wie das Dhonau/Dabrock Duo, das KaKo Weiss Ensemble, Wolfgang Schlüter, Stefan von Studnitzky und Sebastian Gille wurden eingeladen. Überjazz versteht sich nicht nur als Bühne für große Namen, sondern auch als Plattform für Förderung der hiesigen Szene.

Überjazz Fr 28.10. bis So 30.10., Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestraße 20, Karten: 38,70 (Tagestickets Fr/Sa), 49,90 (Tagesticket So), 64,05 (Zwei-Tage-Ticket Fr/Sa), 104,90 (Drei-Tage-Ticket); www.ueberjazz.com