Der Geiger Christian Tetzlaff gab beim “Brahms Salon“ seinen Einstand als Residenzkünstler der Elbphilharmonie-Konzerte. Ein denkwürdiger Abend.

Hamburg. So viel Zeit für Einkehr muss sein. Christian Tetzlaff sitzt schon auf der Bühne, die Kollegen stimmen noch, da schließt der Geiger die Augen. Einmal. Zweimal. Ein drittes Mal. Kurz eintauchen in die Stille vor dem Schluss, der als großer, prächtiger Klangbogen ein Konzert überwölben wird, das auch ohne das lange Finale schon denk- und erinnerungswürdig genug gewesen wäre.

Mit vier Musikerfreunden hatte Tetzlaff am Sonntag zum "Brahms Salon" in die kleine Laeiszhalle geladen. Was vom Titel her (auch) Geselligkeit versprach, verlangte dem Publikum im voll besetzten Saal vielmehr Hörkondition und Sitzfleisch ab. Drei Stunden Kammermusik mit Brahms, Berg und Webern sind auch bei zwei Pausen kein Pappenstiel.

Doch wo Interpreten dieser Güte aufeinandertreffen, hätte der Abend gern noch länger dauern dürfen. Christian Tetzlaff, Lars Vogt (Klavier), Sharon Kam (Klarinette), Rachel Roberts (Viola) und Tanja Tetzlaff (Cello) erwiesen sich als einander absolut ebenbürtige Partner. Vor allem eint sie eine Ernsthaftigkeit im Gestaltungsvermögen abseits alles Deklamatorischen. So fühlte man sich als Zuhörer wie hinter die Schleier der Musik mitgenommen. Ob als Duo, Trio oder Quartett: In jeder Konfiguration spielten sie präzis, aufeinander hörend, verbunden im Rubato, Takt für Takt plastisch ausmusizierend und doch jederzeit bereit, bis an alle Grenzen zu gehen.

Die Violinsonate G-Dur op. 78 von Brahms setzte den Standard; Tetzlaff spielte sie zutiefst human - zart, unverschnörkelt, gespeist aus einer Innenwelt, zu der er den Zugang offen hält, weil er sein Instrument ganz ohne Virtuosen-Gleisnerei zur Klangrede bringt. Phänomenal, wie diese Künstler die Spannung bis zum herb schwelgerischen Klavierquartett hielten. War das noch von dieser Welt?