Die Lesbisch Schwulen Filmtage setzen Schwerpunkte bei den Themen “Türkei“ und “30 Jahre Aids“. 22 Filme feiern Deutschlandpremiere.

Hamburg. Mehr als 50 Langfilme aus Europa, den USA, Südamerika, Asien, Afrika und Australien, darunter 22 Deutschlandpremieren an insgesamt sechs Tagen in fünf Spielstätten: Auch die 22. Auflage der Lesbisch Schwulen Filmtage (LSF) hat imponierende Zahlen zu bieten. Doch wer in den vergangenen Jahren das älteste Filmfestival Deutschlands dieser Art besucht hat, weiß, dass es hier nicht um Superlative geht, sondern um filmische Qualität. Darum, Filme zu zeigen, die die große Leinwand verdient haben und größtenteils außerhalb der LSF nie mehr in Hamburg zu sehen sein werden. Und darum, sich inhaltlich zu fokussieren, sich also mit einem Thema gründlich auseinanderzusetzen und es aus verschiedenen Richtungen zu beleuchten.

Das gilt in diesem Jahr insbesondere für Homosexualität in der Türkei, schließlich wird zwischen Ankara und Istanbul gleichgeschlechtliche Liebe immer noch als "psychosexuelle Krankheit" betrachtet. Ebenfalls im Zentrum des Interesses und damit des LSF-Programms steht die Krankheit Aids, die vor 30 Jahren erstmals Aufsehen erregte. Ein Jubiläum, das mit dem 30. Geburtstag des Videoclip-Senders MTV zusammenfällt. Anlass für eine Bestandsaufnahme: Wie sind Videokünstler und Popmusiker, darunter Freddie Mercury und Klaus Nomi, mit dem Thema Aids umgegangen? Die Anthologie "Viral: HIV/Aids in Music Video" erzählt ausführlich davon.

Besonders begehrt sind in jedem Jahr Karten für die Eröffnungsgala, die erstmals auf Kampnagel über die Bühne geht. Hier läuft die schwedische Komödie "Fyra år till - Four More Years", die von einem eigentlich glücklich verheirateten Politiker erzählt, der sich Hals über Kopf in einen Staatssekretär verliebt, der - um das Ganze noch komplizierter zu machen - dem konkurrierenden politischen Lager angehört. Das klingt nach einem Gute-Laune-Film, der perfekt zur wie immer garantierten Party-Atmosphäre bei der LSF-Eröffnung passen dürfte. Restkarten sind an der Abendkasse erhältlich.

+++ Programm der Filmtage +++

Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken. Zum Beispiel die in Teheran angesiedelte lesbische Liebesgeschichte "Circumstance" von Maryam Keshavarz, die beim Sundance Film Festival den Publikumspreis gewann und auf berührende Art das Private mit dem Politischen verbindet. Ein Film, der von der Sehnsucht nach einem selbstbestimmten, nicht von religiösen Fundamentalisten geregelten Leben junger Frauen aus der oberen Mittelschicht erzählt. Unbedingt ansehen.

+++ Die Stadtteilreporter zu den Filmtagen +++

Das gilt auch für die Doku "Hit So Hard" über die ehemalige Hole-Drummerin Patty Schemel, die jahrelang mit Drogenproblemen zu kämpfen hatte und eine Art Videotagebuch führte, in dem unter anderem Kurt Cobain, der Mann ihrer Bandkollegin Courtney Love, häufiger auftaucht. Bei den LSF läuft dieser Film auch, weil Patty Schemel mit ihrer Homosexualität immer offen umging, doch sexuelle Präferenzen spielen bei diesem Blick in die Rockgeschichte nur eine Nebenrolle.

Aktuelle Komödien, Romanzen, Dramen und Dokus machen zwar den Hauptteil des LSF-Programms aus, aber es gibt auch zahlreiche interessante Extras, vom 1926 gedrehten Stummfilm-Spaß "Die Kleine vom Varieté" mit Ossi Oswalda , der im Rahmen einer Matinee zu sehen ist, bis zum Familienprogramm mit Kurzfilmen, bei denen mit dem Thema "Anderssein" kindgerecht-spielerisch umgegangen wird.

Für erwachsene Zuschauer ist eine Best-of-Rolle des Berliner PornFilmFestivals im Angebot, präsentiert die Regisseurin und Autorin Bev Zalcock lesbisch-queere Experimentalfilme und gibt Regisseurin Angelina Maccarone ("Fremde Haut") einen Workshop zum Thema "Die Szene".

Die offizielle Festivalparty findet bereits am 22.10. im Fundbureau statt, bevor einen Tag später bei der Abschlussgala diverse Preise verliehen werden und in der deutschen Komödie "Romeos" der als Mädchen geborene Lukas sich in den attraktiven Fabio verliebt. Ein würdiges Finale für ein Festival, das auch 2011 mehr zu bieten hat als nur imponierende Zahlen.

Lesbisch Schwules Filmfest 18.-23.10. im Metropolis, Passage, B-Movie, Studio-Kino, Eröffnung heute 19.30, Kampnagel (Bus 172/173), Jarrestraße 20, Karten zu 6,50 bis 8,50 an den Kinokassen; www.lsf-hamburg.de