Mit der Vocal-Percussion-Comedy-Show “AutoAuto!“ von Christian von Richthofen erlebt der Opel Kadett E ein Comeback auf der Bühne.

Hamburg. "Der Steinway unter den Konzertmobilen" wird langsam, aber sicher rar. Umso mehr freute sich Christian von Richthofen, als er vor Kurzem bei einem einschlägig bekannten Autorecycling-Hof nördlich von Hamburg noch ausrangierte Opel Kadetts E entdeckte. Jeweils einer von ihnen steht bis zum 21. Oktober auf der Bühne der Fliegenden Bauten.

In dem Zelttheater wird ihn der innovative Schlagwerker von Richthofen mit dem Schauspieler und Musiker Rolf Claussen als Instrument bearbeiten, bis die Funken sprühen. "Keine Dämmung, ein toller Resonanzkörper", hat Stefan Gwildis die Eigenschaften des in den 80ern als spießig geltenden Kadett E einmal treffend beschrieben. Hamburgs heutiger Soul-Man, Sohn eines Reifenhändlers, hatte von Richthofen im Jahr 2000 auf die Idee zur Show "AutoAuto!" gebracht. Der studierte Musiker und Pädagoge hatte zuvor nur mit Jugendlichen in der Percussion-Formation Hot Schrott auf alten Fässern und Einkaufswagen getrommelt.

"AutoAuto!" jedoch wurde zu einem echten Verkaufsschlager. Im Vorjahr feierte die Vocal-PercussionComedy-Show bereits ihr zehntes Jubiläum. Ob auf Kampnagel, bei gleich mehreren Zeltfestivals in ganz Deutschland oder in der altehrwürdigen hanseatischen Laeiszhalle, die Produktion made in Hamburg hat auch international von sich reden gemacht, seit sie 2007 beim renommierten Fringe-Festival im schottischen Edinburgh begeistert aufgenommen wurde.

Einerseits verwunderlich, hatten von Richthofen und Gwildis die Show doch einst unter dem Titel "AutoAuto! Ein musikalisches Kadettgemetzel" wider die deutsche Pkw-Vergötzung auf die Bühne gehoben. Andererseits auch nicht: Das Konzert mit Comedy-Einschlag ist längst zur musikalisch anspruchsvollen Performance geworden. Mit einer "One-Car-Samba" und einem "Türschlag-Bossa-Nova" fängt es eher sanft an, aber schon beim "Stausong" werden a cappella so manche Nerven etwas mehr strapaziert. Die Autotür dient als Trommel. Dach, Kühler und Scheibenwischer werden dank unter der Haube installierter Mikros zum Schlagzeug-Set. Hamburgs Blech(le).

Nachdem sich Gwildis - er gab nur im Vorjahr beim zehnten Jubiläum ein kurzes Comeback - von 2004 an auf seine Solo-Sangeskarriere konzentriert hatte, übernahmen "Caveman" Kristian Bader oder Rolf Claussen den Part neben von Richthofen, inklusive Hitler-Parodie. Das rollende R über die "Vorrrteile" des Kadetts wird auch beim kleinen Impro-Anarcho Claussen nicht zu Misstönen führen.

Und wenn die beiden Künstler sich nach und nach ihrer Fracks und weißen Hemden entledigen, geht es beim Vorschlaghammer-Ballett zu Tschaikowskys "Schwanensee" richtig zur Sache. Axt und Flex lassen die Funken sprühen - und die Zuschauer in den ersten Reihen zu Helmen und Schutzbrillen greifen. Sie werden's überleben, die Opel Kadetts E nicht. So wie viele Hunderte Male zuvor.

Weil aber schon diesmal nicht alle Shows mehr mit Kadetts, sondern ersatzweise auch mit Corsas gespielt werden, ist ein Ende von "AutoAuto!" in Sicht. Umso mehr dürften einem diesmal noch die Ohren klingen und die Augen übergehen.

AutoAuto! 14.-21.10., jew. 20.00, So 19.00, Mo spielfrei, Fliegende Bauten (U St. Pauli), Glacischaussee 4, Karten zu 24,90 bis 36,90 in den Abendblatt-Tickethops, unter der HA-Tickethotline T. 30 30 98 98 und unter T. 881 41 18 80; www.fliegende-bauten.de