Die deutsche A-cappella-Band Van Canto verbreitet mit ihren Versionen von Heavy-Metal-Klassikern Partystimmung. Nicht alle mögen das.

Markthalle. Diese Band wird gehasst, verachtet, geschmäht. Mit Häme übergossen, zum Abschuss freigegeben. Und zwar allerseits. Das könnte jedenfalls glauben, wer nur die Kommentare in einschlägigen Internetforen liest. "Bei solchen Sachen werde ich echt aggressiv", heißt es da über Van Canto. Und: "Endlich mal eine Band, bei der ich absolut keine Gewissensbisse habe, wenn ich sie als vollkommenen Dreck bezeichne." Wie wenig repräsentativ die in Worte gefasste Wut ist, zeigt allerdings der Besuch eines beliebigen Van-Canto-Konzerts. Da herrscht nämlich pure Partystimmung, werden Metal-Klassiker wie "Kings Of Metal" (Manowar), "Rebellion" (Grave Digger) oder "Fear Of The Dark" (Iron Maiden) begeistert mitgesungen und die Fäuste gen Hallendecke gereckt.

Auch beim Wacken Open Air ist Van Canto inzwischen regelmäßig zu Gast - und räumte in diesem Jahr ordentlich ab. "Klar, anfangs haben die harten Kritiken schon an uns genagt", räumt Sängerin Inga Scharf ein, aber: "Man kann nicht erwarten, dass eine Band, die die Gitarren weglässt und das Ganze dennoch 'Metal' nennt, bei allen gut ankommt", ergänzt Sänger Stef Schmidt, der ganz zufrieden ist, dass Van Canto polarisiert, denn: "Wir haben früher alle in anderen Bands gespielt, und für die hat sich niemand interessiert." Lieber harte Kritik als gar keine, logisch. Weil die Schmähungen der verbal randalierenden Reine-Lehre-Verfechter ja nicht nur abschrecken, sondern auch Interesse wecken können. Überhaupt eine recht clevere Idee, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu sichern und voll auf nur von einem Schlagzeug begleitete A-cappella-Versionen allseits geliebter Schwermetallhymnen zu setzen. Macht ja sonst keiner.

Fünf Jahre ist es her, dass das Sextett mit dem Album "A Storm To Come" debütierte und von der damaligen Plattenfirma angehalten wurde, alles auf eine Karte zu setzen. Also: Arbeit aufgeben, Freunde hintenanstellen, von Weißbrot und Wasser leben. Doch das wollten die Van Cantos nicht. "Musik ist für uns ein Hobby, wir haben alle richtige Jobs" erklärt Scharf, die als Sport- und Biologielehrerin arbeitet. Weshalb grundsätzlich nur während der Schulferien durch Europa gereist werden kann und Teile einer Tour mit Blind Guardian abgesagt werden mussten. Diverse Termine lagen außerhalb der Ferienzeit. "Wenn wir zu sechst in einer Garage hausen würden, könnten wir von Van Canto vielleicht leben", sagt Schmidt, der sein Geld als selbstständiger Informatiker verdient. "Sonst nicht."

Tatsächlich bleibt nur bei sehr wenigen Bands, selbst wenn sie reinstmöglichen Metal spielen, Geld übrig. Plattenverkäufe finanzieren bestenfalls die Produktion der CD, lediglich ausgiebiges Touren mit ordentlichen T-Shirt-Verkäufen nach jedem Gig spült ein wenig Bares in die Bandkasse.

"Einen einzigen Monat aus unseren normalen Jobs auszusteigen könnten wir uns trotzdem nicht leisten", beschreibt Stef Schmidt die Situation. Van Canto bleibt für alle Beteiligten ein Freizeitspaß - obwohl die aktuelle Scheibe "Break The Silence" auf Platz 23 der deutschen Charts eingestiegen ist. "Danke an alle, die sich das Album gekauft und nicht nur kopiert haben", schreibt die Band auf ihrer Website. Auch weil die neue Schwerpunktsetzung von den Fans akzeptiert wird. "Break The Silence" markiert nämlich eine Wende, stehen doch lediglich drei Coverversionen sieben Eigenkompositionen gegenüber. Für Schmidt ein notwendiger Schritt: "Das dritte Metallica-Stück zu covern ist total langweilig. Künftig spielen wir nur noch Songs nach, wenn es um eine unserer absoluten Lieblingsbands geht oder ein Original-Bandmitglied mitmacht." So wie Sabaton-Sänger Joakim Brodén, der auf "Primo Victoria" zu hören ist. Natürlich gibt es auch dafür in den erwähnten Internetforen wutschnaubende Schmähungen, doch an Inga Scharf prallen die inzwischen ab. "Ich bin einfach glücklich, wenn ich in eine fremde Stadt komme und über unseren Konzertplakaten 'Ausverkauft' steht".

Damit ist zwar heute in der Markthalle nicht zu rechnen. Ein unterhaltsamer Abend dürfte es dennoch werden. Und ein langer sowieso, stehen doch vor Van Canto noch die Symphonic-Metalbands Amberian Dawn, Xandria, Revamp und Tristania auf der Bühne.

Van Canto: Tristania, Revamp, Xandria, Amberian Dawn, heute 18.00, Markthalle (U Steinstr.), Klosterwall 9-21, Karten zu 25,- im Vvk.; www.vancanto.de