Das Großprojekt will tausende Videointerviews mit Zeitzeugen der deutschen Geschichte veröffentlichen. Viele Prominente beteiligen sich.

Berlin. Man lerne aus der Geschichte, dass man aus der Geschichte nichts lerne, hat der Kulturphilosoph Theodor Lessing gesagt. Die Macher des Großprojekts "Gedächtnis der Nation" sind nicht entfernt so pessimistisch. Sie wollen die Erinnerungen von Zeitzeugen an die wechselvolle deutsche Geschichte in Form von Videointerviews für nachfolgende Generationen dauerhaft bewahren. Aufgezeichnet werden die Filme in einem "Jahrhundertbus", der ab sofort durch Deutschland fährt, abrufen kann man sie unter www.gedaechtnis-der-nation.de im Internet. In dieses Archiv hat das ZDF bereits 1600 Interviews eingestellt, die in der fünfjährigen Vorbereitungszeit entstanden sind. Vorbild des Projekts, für das sich die Mainzer mit dem Magazin "Stern" zusammengetan haben, war die Shoah Foundation, die die Erinnerungen von Holocaust-Überlebenden gesammelt und zugänglich gemacht hat.

Die Schirmherrschaft hat Bundespräsident Christian Wulff. "Eine Nation, die ihr Gedächtnis verliert, ist verloren“, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zum Start. Es brauche die Vergangenheit, um sich zu orientieren. Besonders zur Aufarbeitung der beiden Diktaturen in Deutschland leiste das "Gedächtnis der Nation“ einen entscheidenden Beitrag, sagte Neumann, der im Kuratorium des neuen Zeitzeugenarchivs sitzt.

Für den Mitmachkanal „Unsere Geschichte“ auf dem Internetportal Youtube können Interessierte selbst gedrehte Erinnerungsvideos beisteuern. Diese werden zunächst geprüft, um Missbrauch zu verhindern, und dann freigeschaltet. Für den Geschichtsunterricht werden aus dem Fundus der Interviews Unterrichtspakete erstellt. Für die Arbeit an Universitäten soll es später Niederschriften der Gespräche geben. Finanziert wird das Projekt zunächst für vier Jahre von der Bertelsmann AG, der Robert Bosch Stiftung, der Daimler AG, Google sowie Gruner + Jahr. Weitere Förderer werden noch gesucht.