Franka Potente spielt in der unterhaltsamen, aber letztlich zu kurz greifenden Biografie “Beate Uhse - Das Recht auf Liebe“ die Hauptrolle

Hamburg. Geschichte wird von Gewinnern geschrieben. Und die Geschichten, die sie erzählen, sind oft entsprechend überschwänglich, wenn es um ihresgleichen geht. Die liberale Gesellschaft hat das Rennen gemacht im jahrzehntelangen Streit um sexuelle Selbstbestimmung - zumindest, was die heterosexuelle Variante angeht -, und der Fernsehfilm "Beate Uhse - Das Recht auf Liebe" erwählt sich die Flensburger Unternehmerin zur Protagonistin dieses Siegeszugs.

In Rückblenden erzählt Uhse (Franka Potente) ihr Leben von der Flucht aus Berlin 1945 bis zur Scheidung von ihrem zweiten Mann Ernst-Walter "Ewe" Rotermund 1972. Potente spielt Beate Uhse als zupackende, selbstbewusste Frau, die - "Hier und heute steht der Orgasmus vor Gericht!" - mit ihrem Versandhandel nichts weniger als den gesellschaftlichen Umbruch im Sinn hat. Ob sie junge Frauen über Verhütungsmethoden aufklärt oder sich mit dem eifernden Staatsanwalt Martin Volke (Sylvester Groth) anlegt, persönliche Vorteile will diese Beate Uhse abseits vom nostalgischem Wunsch nach Familienglück nicht.

Geld spielt im Film fast keine Rolle, die Fernseh-Uhse hat höhere Ziele, ihre Gegner bloß niedrige Beweggründe. Auf der einen Seite steht sie, auf der anderen Seite (fast) alle anderen. Ein übermächtiger Apparat in Gestalt des Staatsanwalts pfuscht Uhse ein ums andere Mal ins edle Handwerk der Volksaufklärung und -beglückung, selbst ihr Ehemann (Hans-Werner Meyer) entfremdet sich zusehends von der mit missionarischem Eifer vorgehenden Uhse. Schließlich aber wird alles gut, Uhse gewinnt einen Rechtsstreit, der - so will es das Drehbuch - auch gleich die Reform des deutschen Sexualstrafrechts anstößt.

Es ist nicht die schauspielerische Leistung, die das filmische Porträt einer der erfolgreichsten Unternehmerinnen der Nachkriegszeit zur bloßen Unterhaltung degradiert. Potente und Henry Hübchen, der Uhses treuen Anwalt Georg Tauber verkörpert, gehen genauso in ihren Rollen auf wie Meyer als exzentrischer Parvenü Rotermund. Es ist das holzschnittartige Drehbuch. Ihm fehlen die Grautöne, die aus einer Reihung von Anekdoten eine Geschichte, eine echte Biografie hätten machen können.

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Zwar hangelt sich "Das Recht auf Liebe" an der Realität entlang. Tatsächlich gab es Hunderte von Strafanzeigen, tatsächlich hätte Uhse eine Verurteilung in den ersten Jahren finanziell das Genick gebrochen, und auch die Scheidung hat wirklich stattgefunden, samt Affären und Streit ums Geld.

Wohlweislich verschweigt der Film jedoch, um welche Summen es geht. Rotermund forderte 1969 von Uhse fünf Millionen Mark, sie bot ihm später eine Million und eine monatliche Zahlung von 5000 Mark an. Doch derartige Summen hätten nicht zum Bild der stets bedrohten Macherin gepasst, das der Film aufbaut. Genauso wenig wie die Glückwünsche, die der Flensburger Oberbürgermeister Heinz Adler im selben Jahr bei der Einweihung von Uhses neuem Bürogebäude aussprach. Flensburg sei um "eine Attraktion reicher" geworden, und er wünsche dem Unternehmen "allzeit mit Lust und Liebe für die Lust und Liebe tätig zu sein".

Stattdessen wird auf das direkte Umfeld Uhses verkürzt und so der Eindruck erweckt, dass es bis weit in die 60er-Jahre hinein eine ebenso breite wie verlogene Front gegen sie und ihre Firma gegeben habe. In der Realität verstand es Uhse nicht nur stets, sich auch medial als respektable Unternehmerin zu gerieren. Auch das allgemeine Klima des sexuellen Auf- und Umbruchs im Deutschland der 60er-Jahre trug dazu bei, dass Uhse zwar oft belächelt, aber nur noch selten angefeindet wurde. Sie hat ohne Frage zu diesem Wandel beigetragen. Dass sie jedoch eine neue Rechtsauffassung dessen, was "unzüchtig" ist, gleichsam im Alleingang angestoßen hat und dass es ihr nie um eigenen Reichtum ging, darf wohl bezweifelt werden.

Beate Uhse - Das Recht auf Liebe ZDF, 9.10., 20.15 Uhr