Der Kinofilm “4 Tage im Mai“ spielt an der Ostsee und erzählt eine wahre Episode aus der Zeit, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging

Abaton. Am 4. Mai 1945 wartet ein Trupp deutscher Soldaten auf Rügen darauf, endlich nach Dänemark übersetzen zu können. Die sowjetische Armee rückt immer näher, aber alle ahnen, dass das Kriegsende nicht mehr fern ist. Große Unsicherheit prägt die Stimmung. Was wird geschehen? Der 13-jährige Peter (Pavel Wenzel) ist der einzige männliche Bewohner im Kinderheim der Insel. Als er bemerkt, dass die Russen kommen, läuft er zum Strand, um die deutschen Soldaten zu warnen. Niemand nimmt ihn ernst.

"4 Tage im Mai" heißt der Film von Achim von Borries, der auf einer wahren Geschichte beruht und heute im Abaton seine Hamburg-Premiere feiert.

Kurz nach Peters Warnung kommt es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung, bei der einige junge Deutsche getötet werden. Peter meint, er weiß jetzt, was er tun muss, zieht sich die Uniform eines Toten an und schnappt sich eine Maschinenpistole. Er will das Kinderheim gegen die Russen verteidigen, notfalls allein. Aber Hauptmann Kalmykov (Aleksei Guskov), der mit seinem Spähtrupp im Heim Station bezieht, erkennt, dass Peter noch ein Jugendlicher ist, und entwaffnet ihn.

Die Russen richten sich häuslich ein. Die Heimleiterin (Gertrud Roll), ihre Angestellten und die Mädchen arrangieren sich mit dem ungebetenen Besuch. Nur Peter versucht immer noch, die deutschen Soldaten dazu zu bewegen, die Russen endlich anzugreifen.

Langsam lösen sich die Freund-Feind-Unterschiede auf. Kalmykov, den seine Soldaten anerkennend "Drache" nennen, hatte selbst einen Sohn in Peters Alter. Nun versucht er, den jungen Deutschen vor seinem durch die NS-Propaganda geprägten Fanatismus zu schützen. Der sowjetische Funker verliebt sich zudem in das Kindermädchen Anna, auf das auch Peter ein Auge geworfen hat, doch Anna nimmt den Jungen nicht ernst. So muss Peter auch noch seine Eifersucht bändigen. Dann ist der Krieg vorbei. Der sowjetische Major kehrt mit seinen Soldaten zum Heim zurück, will mit den Frauen und Mädchen dort den Frieden "feiern".

Aber Kalmykov stellt sich ihm entgegen und demütigt ihn. Als der Major mit seinen Leuten das Kinderheim angreift, verteidigt der "Drache" die Frauen gegen die eigenen Landsleute und sucht die Hilfe der deutschen Soldaten.

Eine wenig bekannte Episode aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs liefert die Grundlage des Films. Sowjetische Soldaten haben damals tatsächlich ein Kinderheim gegen ihre eigenen Landsleute verteidigt. Der Film zeigt, wie sehr der Krieg in seiner Endphase die Menschen verändert.

Die russischen und deutschen Soldaten, die sich unerwartet begegnen, haben längst keine Lust mehr, einander noch zu bekämpfen. Der Krieg war lang und hat viel zu viele Tote gekostet. Sie wollen nur noch nach Hause. Aber einige kriegerische Reflexe funktionieren noch, es gibt auf beiden Seiten Männer, die nicht genug bekommen können.

Regisseur Achim von Borries, der auch das Drehbuch geschrieben hat, hat bisher sehr unterschiedliche Werke wie die Kinderfilme "Hexe Lilli", die Tomi-Ungerer-Verfilmung "Die drei Räuber" und das Roadmovie "England" in seiner Filmografie. Hier erzählt der 42-Jährige zugleich die Geschichte des Heranwachsens unter Lebensgefahr mit klaren Feindbildern und heftigen Vorurteilen - und unterläuft dabei effektiv das Klischee der "bösen Russen". Vielmehr zeigt er, dass nationale Kriterien kaum eine Rolle spielen, wenn es tatsächlich auf Gut oder Böse ankommt.

Hauptmann Kalmykov ist ein charismatischer, zerrissener Charakter, der private Verluste kompensieren muss und sich mit viel Zivilcourage auch mit seinen Vorgesetzten anlegt. Von Borries schildert in dieser deutsch-ukrainischen Koproduktion eine Vater-Sohn-Geschichte, durch die immer wieder die tiefe Sehnsucht nach Frieden hindurchscheint. Wie alle Antikriegsfilme ist auch dieser zugleich ein Plädoyer für die Menschlichkeit.

Bewertung: annehmbar

"4 Tage im Mai" , Abaton (Metrobus 4 + 5), Allende-Platz 3, 7,50/6,50; Infos im Internet: www.4tageimmai.x-verleih.de