Mit dem Endzeit-Thriller “Hell“ ist dem 29 Jahre alten Regisseur Tim Fehlbaum eine deutsche Kinoproduktion auf Hollywood-Niveau gelungen.

Hamburg. Sichtlich nervös war Regisseur Tim Fehlbaum vor einigen Wochen, als er seinen Film "Hell" beim Fantasy Filmfest im Cinemaxx am Dammtor präsentierte. Dabei hatte er allen Grund zuversichtlich zu sein, denn vorher hatte er bereits beim Filmfest München und beim Festival in Locarno Lob für sein Regiedebüt bekommen. Aber das Hamburger Publikum gilt als besonders hartgesotten.

"Hell" erzählt eine finstere Geschichte aus der nahen Zukunft. Die Sonne hat im Jahr 2017 die Erde ausgedörrt und in einen unwirtlichen Planeten verwandelt. Es sieht trostlos aus, versengte Wälder und tote Tiere prägen das Bild. Nur wenige Menschen haben die Umweltkatastrophe überlebt. Sie suchen nach Wasser und Nahrungsmitteln. Maria (Hannah Herzsprung) ist mit ihrem Freund Phillip (Lars Eidinger) und ihrer kleinen Schwester Leonie (Lisa Vicari) in Phillips Auto unterwegs. Sie wollen in die Berge, weil es dort noch Wasser geben soll. Zum Schutz gegen das gleißende Licht haben sie die Scheiben des Autos bis auf einen kleinen Sehschlitz mit Papier verklebt.

Als sie an einer Tankstelle haltmachen, werden sie von Tom (Stipe Erceg) überfallen. Nach einem heftigen Kampf nehmen sie ihn dennoch mit, denn er versteht etwas von Autos. Die Notgemeinschaft gerät kurz darauf schon wieder in Gefahr, als Leonie entführt wird. Beim Befreiungsversuch bleibt auch Phillip zurück. In einer Kirche trifft Maria eine Bäuerin (Angela Winkler), die ihr Schutz und Essen anbietet. Aber ihr Hof ist ganz und gar nicht die Oase, als die sie ihn beschreibt.

"Hell" ist ein postapokalyptischer Thriller, der sehr geschickt die Spannung schürt. Bei seinem Regiedebüt zeigt sich Fehlbaum trittfest in diesem in Deutschland nur selten bearbeiteten Genre. Seinen überzeugenden Darstellern verlangte er viel Körpereinsatz ab.

Herzsprung, Eidinger und Winkler scheint die Arbeit aber Spaß gemacht zu haben. Dabei war der 29 Jahre alte Regie-Neuling erst einmal froh, überhaupt so ein renommiertes Ensemble aufbieten zu können. "Die haben mehr mich gecastet als ich sie", ist er sicher.

Was den Film zu einem besonderen Ereignis macht, ist sein ungewöhnliches Aussehen. Die Sonne wird für die Menschen zum Feind, vor dem sie sich vermummen müssen. Nur nachts können sie ungeschützt hinaus. Gleißendes Licht und überstrahlte Bilder scheinen die Hitze spürbar zu machen. Mit kleinen Lampen, die direkt in die Kamera leuchteten, erzielten Fehlbaum und sein Kameramann Markus Förderer besondere Lichteffekte, sogenannte "lense flares", die die Bilder grell erscheinen lassen. Den Kontrast dazu bilden die kargen menschenleeren Landschaften. So drehte das Team unter anderem auf Korsika, wo kurz vorher Waldbrände gewütet hatten.

"Wir haben Ostern gedreht, es war draußen sehr kalt. Das Team musste die Hitze also spielen. Oft blieb uns aber nichts anderes übrig, als auf Szenen im Auto auszuweichen, das wir dafür jedes Mal voll aufgeheizt haben", erzählt Fehlbaum.

"Es war physisch anstrengend. Wir waren abends oft total schwarz", erinnert sich der Regisseur, dem authentische Bilder besonders wichtig waren. "Ich wollte, dass der Film ein dokumentarisches Flair bekommt." Das gelingt ihm auch durch die ständig durchs Bild ziehenden Staubwolken, die die Trostlosigkeit noch intensivieren. Die basieren nicht etwa auf in der Postproduktion entstandene Spezialeffekten. Katastrophenexperte Roland Emmerich, der bei dem Film als Executive Producer fungierte, riet Fehlbaum, er solle klotzen, nicht kleckern und unbedingt große Windmaschinen einsetzen. "Wir haben rund sieben Tonnen Urgesteinsmehl verblasen", sagt der Regisseur, der sein Drei-Millionen-Euro-Budget dennoch nicht in den Sand setzte.

Natürlich transportiert der Film vor dem Katastrophenhintergrund auch Zivilisationskritik. Der Mensch ist dem Menschen hier ein Wolf, Mitgefühl und Empathie sind den archaischen Mechanismen des Überlebenskampfs gewichen. In diesem Sinn steht der Film in der Tradition anderer postapokalyptischer Thriller wie "The Road" oder "The Book Of Eli". Außerdem bewundert der Schweizer Fehlbaum den Regisseur einer benachbarten Alpenrepublik. "Ich bin Fan von Michael Haneke." Spuren von dessen "Wolfszeit" und "Benny's Video" finden sich in "Hell", der trotzdem einen eigenen Stil aufweist und gekonnt den Spagat zwischen Katastrophen-Genre und Arthouse-Kino schafft. Und es ergibt einen schönen Kontrast, wenn Fehlbaum angesichts seines grellen Thrillers sagt: "Düstere Stoffe liegen mir."