Mit dem Taktstock hat er es nicht so. Viele seiner Kollegen wollen oder können auf das Stückchen Holz als Charisma-Krücke nicht verzichten, aber Thomas Hengelbrock, 53, nun auch offiziell neuer Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters, ist die direkte, gemeinsame Hand-Arbeit an der Musik lieber als das hierarchische Anordnen von oben. Er formt, fühlt und fordert die Musik so viel unmittelbarer.

Kurz nach seinem Bayreuth-Debüt mit "Tannhäuser", bei dem Hengelbrock enorm viel, aber leider nicht die Inszenierung rettete, ging es für den gebürtigen Wilhelmshavener in Hamburg weiter. Proben, organisieren, vorglühen für den neuen Job, das große, gefeierte Antrittskonzert in der Laeiszhalle.

Als ehemaliger Geiger und chronischer Quellenforscher, der alles in seinen Partituren doppelt hinterfragt, bevor er es einfach glaubt, hat sich der große Blonde aus dem Norden im Süden Deutschlands beim Freiburger Balthasar-Neumann-Ensemble ein Wirkungszentrum maßgeschneidert. Sein Ruf als Spezialist für Alte Musik ist inzwischen in Richtung Universaltalent gewachsen.

Beruflich ist der Musiker, dessen Vater Philosoph und Assistent von Heidegger war, international gefragt, privat ist er in festen Händen: denen der Schauspielerin Johanna Wokalek ("Die Päpstin"). Wunschlos glücklich also? Na ja, fast. Es ist offenbar noch schwieriger, eine Wohnung in Hamburg zu finden, als Chefdirigent zu werden.